Archiv der Kategorie: Biologie im Buch

Erst lesen, dann lästern…

Ein Ausschnitt aus meinem Bücherstapel

Von Richard Dawkins Klassiker „Das egoistische Gen“ hab ich mich jahrelang naserümpfend ferngehalten. Allein der Titel! Das kann Biologie-Laien doch nur ein falsches Bild von Evolution vermitteln! Und das, was mir begeisterte Leser davon berichteten, entsprach auch so gar nicht dem Bild von Evolution, das meine Lehrbücher vermittelt hatten. Da hatte immer das Individuum und sein Fortpflanzungserfolg im Mittelpunkt gestanden und nicht das einzelne Gen.

Wie soll man aber über ein Buch ordentlich lästern, das man nicht gelesen hat? Wie konnte ich also ablehnen als mir einer der Dawkins-Fans anbot: „Ich bring dir mal meine kommentierte Jubiläumsausgabe mit“? Das war im Herbst. Monatelang lag das Buch dann wartend in meinem Bücherstapel und schaute mich immer vorwurfsvoller an. Nun hab ich’s endlich durch. Und muss gestehen, dass mir gar nicht mehr so sehr nach lästern ist. Erst lesen, dann lästern… weiterlesen

Parasiten-Faszination

Hab ich schon erwähnt, dass ich Carl-Zimmer-Fan bin? Ich habe letztes Jahr einen ganzen Stapel seiner Bücher bestellt und arbeite mich langsam durch. Auch sein Buch über Parasiten (von 2000) enttäuschte mich nicht: Parasite Rex*
Es kommt zwar vom Cover etwas zu grell daher, aber innen ist es ganz Carl Zimmer. Einfach gut recherchierte und gekonnt aufbereitete Informationen, zu wunderbaren Geschichten gegossen – anschaulich und reportage-artig hier, erklärend und vertiefend dort, verwoben mit Wissenschaftsgeschichte und Anekdoten über die Art wie unser gesellschaftliches Bild von Parasiten sich gewandelt hat. Parasiten-Faszination weiterlesen

Wenn Geisteswissenschaftler über Biologie schreiben

Schade! Prechts Buch “Liebe. Ein unordentliches Gefühl” hat mich enttäuscht. Hatte es vor ein paar Wochen als Taschenbuch beim Einkaufen liegen sehen und mitgenommen, weil ich mir eine eloquente Reise in die Natur- und Kulturgeschichte der Geschlechter erhofft hatte. Fand es auch so passend zum Symposiumsbesuch. Im ersten Drittel geht es auch um genau die gleichen Themen: Mann und Frau und ihr Verhalten. Wie viel ist Natur, wie viel ist Kultur? Leider kann Precht dabei seine Prägung als Philosoph und Geisteswissenschaftler nicht überwinden. Man merkt, er bemüht sich um eine unvoreingenommene Sicht. Er ringt mit sich, geht ein Stück in die vermittelnde Richtung, stellt die Pole gegenüber – Soziobiologie auf der einen, feministische Genderforschung auf der anderen, bemerkt, dass beide zu extreme Positionen einnehmen. Aber dann, statt das Verhältnis Natur/Kultur mal aufzudröseln und darzustellen, was wir schon wissen über die Macht beider Sphären und über ihre Wechselwirkungen, schlägt er sich – mir nichts dir nichts, ohne Übergang – auf die Seite der Kultur. Keine Begründung dazwischen, keine Herleitung, nichts. Er ist ganz Geisteswissenschaftler, wenn er resümiert: “Das instinktive Verhalten der Gladiatorfrösche, Grauen Würger und Menschen ist qualitativ nicht das gleiche. Menschen sind von Amphibien und Vögeln völlig getrennt durch die höchst variantenreiche menschliche Kultur.” Man beachte die Formulierung “völlig getrennt”. Die Abscheu der Geisteswissenschaftler davor mit den Tieren gemein gemacht zu werden, ist einfach riesig. Sie spricht auch bei Precht aus jedem Kapitel. Und dieses Unbehagen gegenüber den Biologen! Mal sind sie ihm zu forsch, mal geißelt er ihre unterkomplexen (!) Theorien. Ja, was denn nun? Wenn Geisteswissenschaftler über Biologie schreiben weiterlesen

Ich liebe McGee und seine kulinarische Bibel für Wissensmenschen

Ich hab einen rot gekleideten Wälzer im Regal stehen, der mir immer wieder große Freude macht. Der erstmal unspektakulären Titel “On Food and Cooking” (Über Essen und Kochen) sagt noch nicht so viel, der Untertitel “The Science and Lore of the Kitchen” (Die Wissenschaft und Weisheit der Küche) schon ein bisschen mehr. Der Autor Harold McGee hat in dem Nachschlagewerk eine riesige Fülle an interessanten Hintergrundinformationen zu Lebensmitteln aus aller Welt und ihrer Zubereitung zusammengetragen.

Es macht einfach Spaß immer mal wieder ein paar Seiten durchzulesen – etwa passend zu dem, was ich aktuell so auf meinem Teller hatte oder was ich mich schon immer gefragt habe. Aber die Zufallsentdeckungen sind die schönsten. Ein Beispiel: Dass Milchsäure-Bakterien Milch zu Joghurt und Käse machen, wusste ich. Auch dass sie für die Umwandlung von Weißkohl zu Sauerkraut verantwortlich sind, war mir bewusst. Aber dass sie auch bei Salami ihre Finger im Spiel haben, das weiß ich erst seit ich im McGee zufällig darüber stolperte. Das Fleisch in der Salami wird haltbar durch ganz ähnliche Lactobacilli und Leuconostocs wie sie im Käse leben und ihn mit ihrer Milchsäure und anderen Ausscheidungen (fast) unbewohnbar machen für Schimmelpilze und Bakterien. Ich liebe McGee und seine kulinarische Bibel für Wissensmenschen weiterlesen