Auf Kornel ist ja Verlass in Sachen Rätsel. Mit „Quack“ lag er natürlich auch diesmal richtig. Das gesuchte Tier mit Korkenzieher-Penis war nämlich: die Stockente.
Nun kommen, wie schon angedeutet, fast alle Vögel ohne Begattungsorgan aus. Sie pressen einfach ihre Kloaken aneinander. Die Stockente aber gehört zu den nur 3% aller Vogel-Arten, die entgegen dem Trend doch einen Penis haben.
Auch wenn man das Thema Korkenzieher-Form erstmal außer Acht lässt, muss man sich so einen Enten-Penis anders vorstellen als einen Säugetier-Penis. Wie ihr sehen werdet, erklären diese Unterschiede auch, warum man nie einen Enten-Penis zu Gesicht kriegt, selbst wenn sich die Enten schamlos im Park behüpfen.
Der Penis des Erpels liegt nämlich eingestülpt in einer Tasche in der Kloake. Er ist nie zu sehen, weil Enten vor der Begattung keine Erektion haben. Erst wenn männliche und weibliche Kloaken aufeinanderliegen, wird der Penis explosionsartig in die Vagina ausgestülpt. Treibende Kraft ist hier nicht gestautes Blut, wie beim Säuger, sondern Lymph-Flüssigkeit, die in den Penis gedrückt wird.
Auch anders ist, dass es sofort nach dem maximalen Reinstülpen des Penis zur Ejakulation kommt. Bewegungen werden damit nicht gemacht. Noch ein Unterschied: Anders als beim Säuger-Penis gibt es keine innere Röhre für den Transport des Samens. Beim Enten-Penis läuft das Ejakulat in einer Art Rinne bis zur Spitze des Penis.
Man kann sich jetzt fragen, warum Entenvögel einen Penis brauchen, wenn man es als Vogel doch gut ohne aushält. Man kann sich aber auch fragen, warum der Rest der Vogelschar ihren abgeschafft hat. Denn so scheint es gelaufen zu sein in der Evolution.
Im Juni diesen Jahres veröffentlichten Biologen eine Untersuchung, in der sie zeigten, dass auch Hühner-Embryos einen Penis-Vorläufer bilden, nur dass diese Vorläufer-Struktur später in der Entwicklung wieder schrumpft und abgebaut wird. Ursache für die Rückbildung des Penis ist die Wirkung des Signalstoffs Bmp4. Hemmt man diesen Stoff, bildet auch das Huhn einen Penis. Andersrum kann man mit Bmp4 beim Enten-Embryo künstlich die Ausbildung des Penis verhindern (Abstract bei Current Biology, englisch).
Über die Evolution dieses An- und Ausschalters für die Penis-Entwicklung ist noch nicht viel bekannt. War es für die meisten Vögel von Vorteil, keinen Penis zu haben? Was ist dann bei den 3% anders, die doch eine Penis haben? Nichts Genaues weiß man nicht.
Neue Forschung über die Genitalien der Enten ergab aber, dass es bei ihnen zwischen den Geschlechtern eine Art evolutionäres Wettrüsten gibt. Es war bekannt, dass bei Arten mit längerem Penis und auffälligeren Penis-Formen die forcierte Kopulation häufiger vorkommt, sprich: dass Erpel die sonst vorherrschende Damenwahl bei der Paarung unterlaufen und Weibchen zu Sex zwingen. Von Insekten und anderen Tieren wusste man, dass die Weibchen in Reaktion auf Vergewaltigungsstrategien wie diese evolutionär oft Gegenstrategien entwickelt haben, um den Vermehrungserfolg dieser Männchen zu schmälern.
Seit 2007 ist bekannt, dass wohl auch Entenweibchen evolutionär Strukturen entwickelt haben, die forcierte Kopulation erschweren. Die Vaginas mancher Enten-Arten haben Sackgassen und Windungen, die nicht mit, sondern entgegen der männlichen Penis-Windung verlaufen. Diese Besonderheiten werden von den Forschern als Barrieren für das Eindringen des Penis angesehen. Es wird aber angenommen, dass das Weibchen bei Sex mit dem gewünschten Partner diese Hemmnisse durch ihre Körperhaltung und Uterus-Kontraktionen aufhebt. So jedenfalls wäre gewährleisten, dass der Vermehrungserfolg mit dem gewünschten Partner am größten ist. (Brennan et al 2007, Plos One: Coevolution of Male and Female Genital Morphology in Waterfowl & Brennan et al 2010, Proceedings of the Royal Society: Explosive eversion and functional morphology of the duck penis supports sexual conflict in waterfowl genitalia).
In einem der von Kornel erwähnten Green Pornos geht es um genau diese neuen Erkenntnisse – gespielt von Isabella Rossellini als Entenweibchen… (auf englisch).
Wow! Wieder was gelernt! Ich hatte ja an Maulwürfe oder Insekten gedacht, als ich deine Rätselfrage gelesen habe. Den kleinen Film guck ich mir auch gleich mal an. „Green Prono“, das kannte ich vorher auch noch nicht 🙂
GLG & dir einen schönen sonnigen Herbsttag!
Regina
Danke, Regina. Dein Kommentar hat mich beruhigt. Ich finde das ja wirklich wissenstechnisch alles hoch interessant, aber nachdem ich heute schon Pingbacks von echten Porno-Seiten wegklicken musste, dachte ich schon, ob mein aufklärerischer Ausflug in die Welt der Genitalien ein bisschen zu viel war… 😉
Was für ein faszinierender und aufschlussreicher Artikel über die erstaunlichen Aspekte der Enten-Anatomie! Deine Darstellung der Besonderheiten des Enten-Penis und der evolutionären Entwicklungen ist äußerst informativ und gleichzeitig unterhaltsam. Es ist erstaunlich, wie die Natur sich in vielfältigen und einzigartigen Weisen entfaltet, selbst in Bezug auf die Fortpflanzungsorgane von Vögeln.
LG
Anna