Am Wochenende war ich auf dem Symposium vom Turm der Sinne und bin randvoll mit neuen Erkenntnissen und interessanten Gedanken-Anregungen. Zentrales Thema diesmal: Bewusstsein, Selbst und Ich. In halbstündigen Vorträgen gaben Hirnforscher, Psychologen und Philosophen Einblick in aktuelle Forschung und schwelende Kontroversen. Ich denke, meine Gedanken dazu reichen gleich für ein paar Blog-Beiträge. Ich nehme mir also Zeit und spüre in diesem ersten Teil der Serie erstmal der speziellen Stimmung der Veranstaltung nach und erkläre, was sie mit Weltanschauungsfragen zu tun hat.
Ich glaube, dieses Jahr war ich zum siebten Mal bei einem der Symposien vom Turm der Sinne. Dass es mich dort jedes Jahr wieder hinzieht, liegt natürlich an den spannenden Themen rund um Natur und Kultur des menschlichen Geistes. Worauf ich mich aber AUCH jedes Mal sehr freue, ist die gemeinschaftlich geteilte Freude am Wissen. Die besondere Stimmung macht die alljährliche Herbst-Veranstaltung für mich zu einem richtigen Wohlfühlbad. Mich begeistert die Wertschätzung, mit der die Veranstalter die Vortragenden einführen. Ich liebe das Publikum für das Niveau seiner Fragen nach den Vorträgen. Und beim Summen der Pausen-Gespräche um mich herum leuchten meine Augen.
Wie kaum jemals anderswo habe ich hier das Gefühl, dass Berichte aus der Forschung zu einem KULTUR-Ereignis werden, das die Zuhörer genießen wie sonst Theater, Musik oder Kunst. Das steht für mich in wohltuendem Kontrast zu anderen Eindrücken aus sonst gebildeten und kulturell interessierten Kreisen, die viel zu oft mit ihrer Unkenntnis und ihrem Desinteresse gegenüber den Naturwissenschaften kokettieren und sie (wenn überhaupt, dann) nur verzerrt durch die Feuilleton-Brille wahrnehmen.
Dass es hier so anders ist, hat sicherlich mit dem Hintergrund der Veranstalter zu tun. Darüber musste ich diesmal mehr als sonst nachdenken, nachdem ein Bekannter, der das erste Mal da war, zu mir gemeint hatte: „Die Veranstaltung ist wirklich ganz, ganz toll, aber sag‘ mal, ich spüre die ganze Zeit noch einen Hauch von Ideologie dahinter. Ich kann das nicht einordnen. Weißt du, was das sein könnte?“
Ich denke, er hat ganz richtig wahrgenommen, dass Wissenschaft für die Veranstalter nicht „nur“ interessant und wissenswert ist, sondern AUCH eine besondere Bedeutung für ihr Weltbild hat. Allerdings in keiner beunruhigenden Weise. Der Namensgeber des Symposiums, das Hands-On-Museum „Turm der Sinne“ in Nürnberg ist nämlich eine Einrichtung des HVD Bayern, also von ausdrücklich weltlichen, sprich nicht-religiösen Humanisten, die sich in der Tradition der Aufklärung sehen.
Ihre „Ideologie“, wenn man es denn so nennen will, besteht darin, dass sie daran glauben, dass der Mensch aus sich heraus gut sein kann und dabei ohne metaphysische Bezüge auskommt. Vernunft hat in ihrer Weltsicht einen hohen Stellenwert und wissenschaftliche Erkenntnis wird als wertvoll geehrt und geschätzt (auf der HVD-Seite gibt’s was Kleines zum Selbstverständnis der Humanisten. Wer tiefer einsteigen will, liest sich in die Humanistischen Grundsätze ein).
Disclaimer: Ich schreibe das hier sicherlich nicht mit journalistischer Distanz. Ja, ich muss wohl sogar dazusagen, dass mich die positive Stimmung der Symposien so beeindruckt hat, dass ich vor ein paar Jahren in den HVD eingetreten bin. Aktiv bin ich dort allerdings nicht.
Dass es einen „Turm der Sinne“ und einen „Humanistischen Verband Deutschlands“ gibt, erfahre ich hier zum ersten Mal und ich freue mich sehr, dass es so etwas gibt.
Dein Artikel spricht mir aus der Seele, Brynja ! Auch ich habe das Symposium so erlebt und freue mich, dass du so treffende Worte gefunden hast.
Danke! Freut mich, dass es dir gefällt. Und natürlich auch, dass du deine „Androhung“ wahr gemacht hast und tatsächlich kommentierst… 😉 Morgen gibt’s übrigens den nächsten Teil der Serie.