Es gab lauter Interessantes zu lesen in den letzten Wochen. Etwa über artfremde DNA, eine ungewöhnliche Liebe oder eine effizient tötende Biologin. Ich fand, es war besonders viel zum Thema Essen dabei. Hier die Links zu meiner Lieblingslektüre von Juli und August mit einer Hand voll eigenen Gedanken dazu:
Mein Bauchgefühl sagt mir jeden Tag: „Wenn du Durst hast, trink. Wenn du Hunger hast, iss‘. Und zwar, was dir schmeckt und so viel, bis du satt bist.“ Das ist so einfach, wie es heutzutage ungewöhnlich ist. Vor ein, zwei Generationen hatten die Menschen ein schlechtes Gewissen, wenn sie masturbiert hatten. Heute? Weil sie ’ne Tüte Chips verdrückt haben. Absurd. Gegenmaßnahme: Udo Pollmers herrlich derber Rant über die angeblich so gut begründeten Ernährungsvorschriften der modernen Welt.
Alarm, artfremde DNA in Bio-Lebensmitteln!, meldete Wiso am 5. August. Die Bio-Verbände bangen seitdem um’s Verbrauchervertrauen. Gesetzlich ist zwar nichts zu beanstanden, denn manipuliert wurde nicht gentechnische, sondern „nur“ zellbiologisch. Pflanzenzüchter verschmelzen nämlich gern mal Zellen verwandter Arten miteinander, weil sie auch auf diese Weise gewünschte Gene von einer Art in die andere übertragen können (wenn auch nur die von Chloroplasten).
Mir ist es ja eh‘ egal, mit welchen Methoden Gene der Sonnenblume in meinem Chicorée gelangen oder auch nicht. Ich wünschte, das Ganze wäre nicht so ein ideologischer Grabenkampf und man könnte sich aus beiden Welten – Tradition und Technologie – das nehmen, was sinnvoll und zukunftsweisend ist. Umso mehr rührt mich die Liebe zwischen einem Biobauern und einer Pflanzengentechnikerin. Unter kalifornischer Sonne ist eben alles möglich. Gemeinsam wirbt das Ehepaar für nachhaltige Landwirtschaft ohne ideologische Scheuklappen.
Übrigens ist die Anti-Gentechnik-Lobby mitnichten frei von niederen (sprich kommerziellen) Interessen (auch wenn das ihr Lieblingsvorwurf an die Gegner ist). Halten sich Gentechnik-Kritiker eigentlich auch dann für unabhängig, wenn sie Geld von Leuten kriegen, die von Gentechnik-Gegnerschaft finanziell profitieren? Das würde zumindest erklären, warum kaum auf eine Petition aus eigenen Reihen reagiert wurde, die unabhängige Risikoforschung forderte.
Naja, wenn ich schon nicht gegen Gentechnik bin, dann liegt mir zumindest das Wohl der Tiere am Herzen, die bei mir auf dem Teller landen. Ich esse nämlich gern Fleisch. Vielleicht essen wir alle in 30 Jahren Fleisch, dass in der Petrischale wächst (vielleicht aber auch nicht). Bis es soweit ist, wünsche ich mir, dass die Tiere, von denen es stammt, ein gutes Leben hatten (und ein gutes Sterben). Ich könnte mir dessen ganz sicher sein, wenn ich ab heute nur noch Hühner von Annelie Wendeberg esse. So liebevoll sie sie umsorgt, so liebevoll und effizient tötet sie sie. Aber ich fürchte, die Umweltmikrobiologin hält ihre Hühnerschar nur für den Eigenbedarf.
Ich glaube ja, mir selbst würde das Schlachten schwer fallen, wenn ich die Tiere persönlich kenne. Das Hegen und Pflegen kollidiert bei mir emotional zu sehr mit dem Töten. Dabei gab es zumindest eine Situation, in der es ganz gut gewesen wäre, diese Blockade überwinden zu können. Zu Studienzeiten hatte ich mal während einer Überflutung Zauneidechsen Asyl in meinem Terrarium geboten. Nach der Wiederauswilderung fiel eine von ihnen wohl der WG-Katze zum Opfer und kroch mit aufgebissenem Bauch durch’s Gebüsch. Ich war vor lauter Entsetzen unfähig sie von ihrem Leiden zu erlösen. Das musste jemand anders tun.
Andererseits: Mit der Ratte, die auf der Flucht vor dem Fluten den Weg in mein WG-Zimmer fand, hätte ich kurzen Prozess gemacht. Die habe ich nur nicht hart genug erwischt mit dem Schrubber, mit dem ich mich bewaffnet hatte.
Tötungshemmung verspüre ich auch so gar keine, wenn’s um andere unerwünschte Untermieter wie Kakerlaken geht. – Auch für fernsteuerbare Kakerlaken mache ich übrigens keinerlei Ausnahmen. – Wem die Existenz von solchen so neu ist wie mir: Ja, die gibt’s wirklich. Creepy, oder?
Und da wir schon bei Tod und Sterben sind: Wer in Geldnöten auf die Idee kommt, seinen eigenen zukünftigen Leichnam an die Anatomie zu verscherbeln, hat Pech gehabt. Nehmen tun sie den Körper später zwar gerne, aber geben tun sie einem dafür nichts. – (Übrigens: Körper-Teil-Verkäufe bringen’s auch nicht. Sperma-Spender müssen sich mit Visionen von tausenden Kindern rumschlagen und vom Blutplasma-Spenden kriegt man auf die Dauer junkiemäßige Einstichnarben (ja, ich hab das mal ausprobiert, statt Schülerjob, aber neee).