Die Rätselfrage im März (die leider nicht gelöst wurde) war ja: Was macht es möglich, dass Eidechsen, Spatzen und Füchse keinen Teich brauchen für ihre Eier, Frösche aber schon?
Also: Welche evolutionäre Neuerung erlaubt es ihren Embryonen, die Entwicklung außerhalb vom Wasser zu vollziehen?
Die richtige Antwort wäre gewesen: das Amnion. Ebenfalls als Antworten zugelassen hätte ich alles, was in Richtung Eihäute oder Fruchtblase gegangen wäre. Denn darum geht es. Gesucht war diese besondere Hülle, die den Embryo umgibt – im Ei oder im Mutterleib.
Wir bauen uns unsere Hülle
Weil das Amnion nicht Teil des späteren Körpers wird, nennt man es zwar extra-embryonal (also außer-embryonal). Aber von der Entstehung her gehört das Amnion zum Embryo dazu. Es ist ein Anhangsorgan, das der Embryo früh in seiner Entwicklung selbst bildet.
Dazu wächst eine Lage körpereigener Zellen über den Rest des Embryos und schließt sich über ihm. Anfangs liegt das Amnion noch ganz eng am Körper an. Aber der entstandene Innenraum, die Amnionhöhle, wird bald mit Flüssigkeit gefüllt – gebildet von den nach innen liegenden Zellen des Amnions selbst. Die Hülle wächst dabei und weitet sich.
Die evolutionäre Entstehung des Amnions wird als so wichtiges Merkmal in der Stammesgeschichte der Landwirbeltiere angesehen, dass die Verwandtschaftsgruppe, zu der Reptilien, Vögel und Säuger zusammengefasst werden, nach ihm benannt wurde. Wir alle sind nämlich sogenannte Amnioten.
Eier mit Austrockungs-Schutz
Man nimmt an, dass die Entwicklung dieser Hülle entscheidend für die Eroberung des Landes war. Eier von Amphibien nämlich trocknen an Land aus. Sie müssen sich zwingend im Wasser entwickeln. Auch schließt sich bei ihnen ein Larvenstadium an, das aufs Wasser angewiesen ist.
Die ersten Amnioten aber konnten mit Eiern aufwarten, die an Land gelegt werden konnten ohne auszutrocknen. Das Larvenstadium konnten sie sich auch schenken. Diese Unabhängigkeit vom Wasser in Sachen Fortpflanzung brachte viele neue Möglichkeiten.
Salopp gesagt, kann der Amnioten-Embryo ohne Teich auskommen, weil er sich in seiner kleinen Blase einen Ersatz dafür herstellt. Jeder kleine Reptilien-, Vogel- oder Säuger-Embryo schwimmt quasi in einer Art selbstgemachtem Mini-Teich.
Mehr darüber
Speziell zum Thema Amnioten-Ei hat Monika Offenberger vor zwei Jahren auch einen schönen Artikel für die Süddeutsche geschrieben. In ihrem Buch „Das Ei – Ursprung allen Lebens“, das es ja zu gewinnen gab, wird das auch behandelt – neben vielen anderen Aspekten aus der Biologie der Eier (siehe Rezension).
Wer das Buch gern gewonnen hätte, aber am Rätsel scheiterte, hat wie gesagt ab dem 24. April bei der Aktion „Blogger schenken Lesefreude“ noch mal die Gelegenheit. Alternativ kann man es sich aber natürlich auch kaufen, z.B. bei Amazon*
Übrigens: Hier geht’s zu weiteren Teilen meiner kleinen Serie zur Biologie des Hühnereies:
- In Teil eins geht es um die Frage, was am Hühnerei eigentlich die Zelle ist
- Teil zwei dreht sich um den Keimfleck und die Befruchtung
- in Teil drei erzähle ich von einem Besuch beim Kindermuseum mit Kükenstreichelzoo und Ei-Erklärungen
- in Teil fünf stelle ich ein populärwissenschaftliches Buch vor, in dem es nur um Themen rund um die Biologie der Eier geht.
- in Teil sechs erkläre ich, warum die Natur des Eigelbs ein wichtiges Puzzleteil für die Zelltheorie war
* Links mit Sternchen sind Partner-Links. Mehr dazu im Werbe-Disclaimer.