Da denkt man, man sei durchgeimpft und dann das: Mir fehlt eine Masern-Impfung!
Ich muss zugeben: Als ich die Poster der derzeitigen Impf-Kampagne in den Bushäuschen sah, dachte ich nur: Aha, jetzt wollen sie die Jugend erreichen, damit die die Impfungen nachholt, die ihre impfskeptischen Eltern nicht wollten. Nice try!
Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass mich das Thema selbst auch betreffen könnte. Bin schließlich als Kind brav nach dem empfohlenen Schema geimpft worden.
Dass es mich doch betrifft, merkte ich erst als ich über den immunblog auf die Kampagnen-Seite bei impfen-info.de gelockt wurde und eher spaßeshalber mal den Test dort gemacht habe (ja, dafür sollte man seinen Impfpass gefunden haben). Raus kam zu meiner Überraschung, dass mir die zweite Spritze fehlt.
Bei meiner MMR-Impfung 1979 dachte man noch, dass EIN Impftermin reicht für die Immunisierung. Stimmt aber nicht. Heute weiß man: wir brauchen zwei für einen dauerhaften Schutz. So wie es bei meinen Jungs auch gemacht wurde.
Ich hab‘ mir jetzt zerknirscht einen Arzttermin geben lassen. Und fühlte mich peinlich berührt an die Fahrradhelm-Geschichte erinnert. Jahrelang hatte ich drauf bestanden, dass die Kinder Helme tragen und bin daneben ohne gefahren. Ich argumentierte damit, dass ich schließlich seit dreißig Jahren nicht mehr vom Fahrrad gefallen sei. Seit einiger Zeit lässt mein Großer das nicht mehr gelten und meint, dass er NUR einen trage, wenn ICH einen trage. Im Auto müssten sich schließlich auch ALLE anschnallen… es ist ein Fluch manchmal mit diesen schlauen Kindern… 😉
(Und nein, dies ist kein bezahlter Post. Nur für den Fall, dass sich einer so was fragt… ;-))
Find ich prima! Ich habe auch neulich entdeckt, dass ich in diesen Jahrgängen bin, denen die 2. Masern-Impfung fehlt. Meine Kinder sind nach STIKO geimpft; wird Zeit, dass ich das bei mir nachhole. Man schützt ja nicht nur sich selbst, sondern kleine Kinder zum Besipiel, die zu klein für die Impfung sind. Wenn ich jetzt noch wüßte, in welcher Schachtel nach all den Umzügen mein Impfpass abgeblieben ist…
Fahrradhelm ist übrigens eine interessante Geschichte, weil die Studienlage, ob Helme das Fahrradfahren wirklich sicherer machen, un-eindeutig ist. Die Forschung dazu ist auch erstaunlich komplex – denkt man gar nicht bei so einer simplen Massnahme.
z.B hat Kanada eine Helmpflicht eingeführt, aber es gab deshalb nicht weniger schwere Verletzungen. Eventuell setzen Leute die Helme schlampig auf, wenn sie es nur wegen des Gesetzes tun.
Ben Goldacre hatte dazu vor einiger Zeit ein lesenswertes Editorial im BMJ:
http://www.bmj.com/content/346/bmj.f3817?ijkey=I5vHBog6FhaaLzX&keytype=ref
Konnte leider nur den Anfang lesen, weil’s ’n kostenpflichtiger Text ist. Aber ich hab‘ auch schon gehört, dass das mit dem Helm umstritten ist. Kenn‘ sogar jemanden, der wegen ’ner Fahrrad-Kopfverletzung ’ne OP hatte – trotz Helm. War halt seitlich am Kopf. Das Hirn war zum Glück nicht betroffen. Um solche seitlichen Verletzungen auch zu verhindern, müsste man wohl eher so was wie einen Motorradhelm tragen. Und wer bitte will das denn? Ich hab‘ mich beraten lassen beim Fahrradhelm-Kauf und brauch‘ für den optimalen Sitz ausgerechnet einen, den ich modisch eine Zumutung finde. Da muss ich wirklich ganz stark sein… 😉 Natürlich könnte ich meine Inkonsistenz auch auflösen, indem ich sage: Jungs, ihr fahrt super Fahrrad und dürft jetzt auch ohne Helm fahren, wie die Mama. Aber besonders was meinen 5-jährigen betrifft, macht mich die Vorstellung noch zu nervös. Es ist eh immer AUCH eine emotinale Frage, wann man sich sicher fühlt, was man als riskant einschätzt und wessen Ratschlägen und Empfehlungen man mehr traut. In der Impfdebatte ist das ja auch ganz stark da. Auch wenn vordergründig Argumente um gegnerische Ohren gehauen werden. Letztlich ist die Frage runterkochbar auf: Vertraust du der Wissenschaft (bzw. staatlichen Empfehlungen/der „Schulmedizin“/den Pharma-Unternehmen) eher oder misstraust du ihnen eher? Es ist, glaub‘ ich, viel mehr eine Frage des grundsätzlichen Gefühls als eine der Argumente. Wär‘ auch mal ein schönes Thema für einen Blog-Post, merke ich…
Oh sorry – das ist seltsam, ich habe keine Subscription bei BMJ, kann es aber lesen. Vielleicht habe ich mich da ja irgendwann mal eingeloggt…Schade, dass BMJ solche Artikel hinter der Paywall versteckt , Goldacre beschreibt nämlich wirklich gut, wie schwierig es ist, so eine scheinbar einfache Frage eindeutig zu beantworten.
Wie auch immer, das Interessante daran, im Kontext deines eigentlichen Themas: Der Nutzen des Impfens ist viel, viel eindeutiger belegt als der Nutzen des Fahrradhelms.
Hmmh ja, stimmt, wenn man von der Datenlage zur Wirksamkeit ausgeht, hinkt mein Vergleich von Helm und Impfung natürlich. Ich muss zugeben, dass ich die beim Schreiben auch gar nicht so im Blick hatte. Mein Anknüpfungspunkt zwischen diesen beiden Themen war nur meine elterliche Neigung, für meine Kinder ein Sicherheitsniveau anzustreben, das ich als Ziel für mich selbst nicht mit der selben Vehemenz verfolge. Es wurmt mich, wenn mir so was auffällt bzw. wenn es mir nicht mehr gelingt, das elegant wegzudiskutieren… 😉
Hab mich bei BMJ für einen zweiwöchigen Probe-Zugang angemeldet und hab den Artikel jetzt doch gelesen. Leuchtet ganz schön aus, wie schwierig es ist, so was zu untersuchen, wenn die Gruppe, die man untersucht so heterogen ist wie die der Fahrradfahrer. Was da alles reinspielt und die Ergebnisse von mit Helm vs. ohne Helm verzerrt. Wirklich interessant. Danke!