Ein heimlicher kleiner Forscher

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Es ist immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich Geschwister sein können. Ich staune fast täglich über meine zwei Jungs und ihre ganz unterschiedlichen Zugänge zum Wissen über die Welt.

Mein großer Sohn (9) kommt sehr nach den Eltern, was das Wissen-Verschlingen angeht. Jahrelang wollte er nur Sachbücher vorgelesen bekommen am Abend. Querbeet durch alle Themen. Reportagen und Wissenssendungen im Fernsehen findet er super toll. Er stellt kluge Fragen und er hat Spaß daran, über Daten und Fakten zu fachsimpeln.

kleiner_Forscher1Den Kleinen (5) interessiert so was nullkommanull. Am Abend verlangt er stets Geschichten, denn die meisten Sachbücher sind aus seiner Sicht geradezu empörend langweilig. Mit dem Buch über die Technik zu Hause verstehen wie ein Fön funktioniert? Völlig indiskutabel. Da guckt er ganz entgeistert. Und ob ein großer Vogel nun eine Taube ist oder eine Möwe, und ein kleiner Vogel ein Spatz oder eine Meise, wen interessiert das schon?

Wir Eltern stehen staunend vor solchen Unterschieden und machen uns so unsere Gedanken. Was werden die beiden später mal machen? Der Kleine wohl definitiv nichts mit Wissenschaft und Technik, oder? Aber so einfach wie es auf den ersten Blick aussieht, sind solche Prognosen gar nicht. Und das nicht nur, weil die Kinder natürlich noch viel zu jung sind, als dass man so was sagen könnte.

Nein, es ist auch jetzt schon komplizierter, wenn man es aus andere Warte betrachtet. Denn was das eigene Erforschen und Nachdenken über die Welt angeht, ist wohl der Kleine der größte Wissenschaftler in der Familie. Er ist ein guter Beobachter und zieht ganz selbständig seine Schlüsse. Oft überrascht er mich aus dem Nichts mit Einsichten über die Gesetzmäßigkeiten der Welt.

kleiner_Forscher3Heute beim Radeln in den Kindergarten etwa verkündete er: „Ohne Zunge kann man kein N machen.“ Und dann macht er mir vor, dass das N ohne Zunge einfach nicht wie ein N klingt. Und letzte Woche fiel ihm auf: „Immer wenn ich bremse, bewegen sich diese Dinger da neben den Reifen.“ In so einem Fall darf ich auch mal was erklären, ohne dass er gelangweilt die Augen verdreht. Also ein Satz wie: „Ja genau, der Griff oben ist ja über Drähte mit diesen Dingern verbunden und der Reifen wird gebremst, wenn die da dran gepresst werden.“ Aber dann sagen seine Augen schon: Es reicht, Mama, keine Vorträge!

Mein Favorit unter den Alltagsforschungen des Kleinen ist folgende Geschichte, die schon mehr als ein Jahr her ist. Mit vier Jahren haben kleine Jungs ja gerne mal so eine Phase, in der sie den Wunsch äußern, später mal ihre Mutter zu heiraten. Meinem Kleinen muss das auch durch den Kopf gegangen sein. Es scheinen aber noch einige Beobachtungen und Überlegungen zum Thema stattgefunden zu haben, denn eines Abends beim Kuscheln flüsterte er: „Wenn ich groß bin, muss ich mir meine eigene Frau suchen, weil es hier ja nicht zwei Papas geben kann.“

Ob er mit seiner „eigenen Frau“ dann abends auch mal eine Wissenschafts-Doku im Fernsehen ansieht oder immer noch klar die Geschichten bevorzugt? Wir sind gespannt.

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