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„Biologisch“ ist nicht dasselbe wie „angeboren“ – Irreführender Titel bei Adrian Raines‘ Zum Mörder geboren

Gerade habe ich entdeckt, dass das Neuro-Kriminologie-Buch, über das ich mich im letzten Jahr so aufgeregt habe, vor kurzem auf deutsch erschienen ist.

Es war ein Anlass mich gleich noch mal aufzuregen. Diesmal über den deutschen Titel, der erstaunlich irreführend ist. Das englische Original heißt „Anatomy of Violence“. Die deutsche Übersetzung trägt den Titel „Als Mörder geboren“.

Ich verstehe wirklich nicht, wie der Klett-Cotta Verlag dem Buch einen solchen Titel geben konnte. Es ist in dem Buch ja nicht nur von angeborenen Ursachen die Rede, sondern allgemein von biologischen Ursachen von Gewalttätigkeit. Und das ist doch nicht dasselbe!

Natürlich gibt es angeborene Faktoren: genetische und durch Entwicklungsdefekte ausgelöste Störungen. Aber es gibt weitere, ebenfalls biologische Faktoren, die nicht angeboren sind, die eine Persönlichkeit aber ebenfalls gewalttätiger und anti-sozialer machen können: Giftstoffe etwa, die die Gehirnentwicklung während der Kindheit negativ beeinflusst. Oder Hirntumore. Sie sind eindeutig biologisch, ohne dabei jedoch „angeboren“ zu sein.

Wer jetzt noch wissen will, warum das Buch selbst mich aufregte: Das hatte damit zu tun, dass der Autor Adrian Raine sich leider nicht mit der Darstellung der Forschung begnügt, sondern dieses wichtige Thema mit seinen persönlichen Science-Fiction-Ideen zur Verhinderung künftiger Gewalt verbindet. Mehr dazu im Blog-Beitrag Bärendienst für die Neurokriminologie, wo es auch ein Link zu meiner Rezension im englischsprachigen Biologen-Magazin Lab Times gibt.

 

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Bärendienst für die Neurokriminologie

Hat Gewalt und Verbrechen biologische Ursachen? Wem bei der Frage schon der Nazi-Alarm geht, hat Recht. Das Thema ist verbrannt. Aber er hat auch Unrecht. Denn die Forschung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass wir Ideologie endlich von Wissen trennen sollten. Die Kenntnis medizinisch-biologischer Faktoren sollte – neben den sozialen – eine wichtigere Rolle bei der Kriminal-Prävention spielen als bisher.

Leider tun Neuro-Kriminologen ihrem Feld keinen guten Dienst, wenn sie – statt die Fakten für sich sprechen zu lassen – es schaffen, wirklich alle Vorurteile gegenüber „Biologisten“ zu bestätigen. Paradebeispiel: Psychiater und Hirnforscher Adrian Raine in seinem Buch „Anatomy of Violence“, das ich für die Mai-Ausgabe der Lab Times rezensiert habe (englischsprachigen Magazin mit „News for the European Life Sciences“). Bärendienst für die Neurokriminologie weiterlesen