Nicht ich verharmlose Diskriminierung, sondern die Sympathisanten grünen Hasses

In den Diskussionen zu meinem Beitrag über grünen Hass wurde mir vorgeworfen, ich würde Fremdenhass relativieren, indem ich ihn mit Gentechnik-Ablehnung vergleiche. Die zugrundeliegende Annahme der Sympathisanten ist, dass grüner Populismus nur Produkte ächtet und keine Menschen. Dem ist aber leider nicht so. Ich möchte hier zeigen, dass nicht mein Vergleich, sondern diese Fehlwahrnehmung zu einer Verharmlosung von Diskriminierung führt – und damit eine Gefahr für Menschenwürde und Demokratie darstellt.

Der Vorwurf: Verharmlosung von Rassismus

Der Journalist und Blogger Jürgen Schönstein schrieb in seinem Blogpost auf meinen Text bezogen: „Kritik an der Gentechnik mit Ausländerhass und Rassismus gleichzusetzen, ist eine Trivialisierung von Xenophobie und Rassismus, das spricht für – genauer gesagt: gegen – sich selbst.“

Auch in einem Kommentar unter dem Crosspost meines Beitrags bei den Ruhrbaronen wurde mir eine Verharmlosung von Rassismus vorgeworfen. So schrieb philter #33: „natürlich gibt es feindbild-denken. aber jetzt menschenfeindlichkeit mit technologiefeindlichkeit gleichzusetzen find ich einfach – unmenschlich!“

Diese Vorwürfe haben mich echt getroffen, muss ich zugeben. Denn wenn ich eins in meinem Beitrag deutlich machen wollte, dann ja, dass ich es immer furchtbar finde, wenn gegen Menschen aufgrund von Vorurteilen gehetzt wird. Wenn ihr Anderssein für Populisten Grund genug ist, sie zu drangsalieren und ihre Rechte mit Füßen zu treten.

In meinen Augen habe ich an keiner Stelle im Text ein solches Verhalten Menschen gegenüber verharmlost. Im Gegenteil. Mir war es doch gerade wichtig, dass wir als Gesellschaft derartig diskriminierendes Verhalten gegenüber Menschen immer zuverlässig erkennen – auch wenn es aus anderen Gründen erfolgt als rassistischen.

Jede Art von Diskriminierung ist schlimm

Denn Menschen leiden ja nicht weniger unter Hetze gegen sie, wenn sie wegen ihres Glaubens, ihrer sexuellen Orientierung oder wegen ihrer politischen Ansichten verfolgt werden oder wenn sie zu Zielscheiben von Hass werden, weil sie etwas erforschen oder anbauen, was dämonisiert wurde.

Mir ging es in meinem Text über grünen Hass darum zu zeigen, dass es unterschiedliche Populismus-Formen sein können, die den Boden für Diskriminierung bereiten. Dass sich die Denk- und Argumentationsmuster dahinter aber gleichen. Und dass es daher wichtig ist, diese zuverlässig zu erkennen.

Dabei ist es letztlich egal, ob direkt gegen Menschen gehetzt wird oder ob der Hass der Populisten Menschen „nur“ dann trifft, wenn sie mutig genug sind, zu ihrer Religion, Sexualität oder Überzeugung zu stehen. Wenn sie es als ihr Recht ansehen, ihr Leben in einer Weise zu führen, die sich für sie selbst richtig anfühlt.

Das Ergebnis ist das Selbe: Menschen werden diskriminiert.

Was ist Populismus?

Als Populismus bezeichne ich bestimmte Denk- und Argumentationsmuster, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass bei ihnen die Lösung konkreter Probleme kaum eine Rolle spielt, sondern angenommen wird, alle Probleme seien automatisch beseitigt, wenn ein bestimmter Feind besiegt ist.

Ich fand im Mai und Juni sehr passend, was Thomas Grüter in seiner Gedankenwerkstatt dazu schrieb. Die zwei Blogbeiträge heißen: Wie gefährlich sind Populisten? und Wie bekämpft man Populisten? Er bezieht sich darin vor allem auf Rechtspopulisten. Ich finde aber, dass seine Ausführungen genauso nützlich sind, um andere Populismus-Formen besser zu verstehen. Wie den grünen Populismus, um den es mir hier geht.

Ein Missverständnis in den Debatten um meinen Text zu grünem Hass bestand aus meiner Sicht darin, dass Leute mir vorwarfen, ich würde „Kritik an der Gentechnik mit Ausländerhass und Rassismus gleichzusetzen…“ (Jürgen Schönstein). In seinen Worten klang es so, als würde ich schon die Ablehnung selbst als populistisch bezeichnen. Das stimmt aber so nicht.

Nicht jeder, der Gentechnik ablehnt, ist für mich ein Populist. Überhaupt nicht. Nur die, die Grüne Gentechnik zu einem Feindbild erklären, das vernichtet oder vertrieben werden muss, sind für mich Populisten. Das ist ein großer Unterschied!

Gentechnik-Ablehnung finde ich ok

Wie ich schon in dem Artikel Ist Gentechnik schädlich? schrieb, habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn Menschen die Grüne Gentechnik für sich ablehnen. Das ist ihr volles Recht. Und ich finde gut, dass es in Deutschland für diese Menschen so gute Möglichkeiten gibt, den Verzehr zu vermeiden.

Zwar können GV-Produkte nicht aus rationalen Gründen abgelehnt werden, weil von Ihnen keine nachweisbare Gefahr ausgehen, aber für mich ist es vollkommen ok, wenn Menschen sie trotzdem ablehnen – aus moralischen Gründen eben.

Ich sehe das analog zur Ablehnung von Schweinefleisch-Verzehr aus religiösen Gründen. Oder den moralischen Gründen gar kein Fleisch mehr zu essen. Und ich finde es gut, wenn den Leuten möglich ist, so zu leben und zu essen, wie sie möchten.

Will man Produkte vermeiden, die mit Hilfe von Gentechnik hergestellt wurden, ist das in Deutschland gut möglich. Waren, die veränderte Gene von GV-Pflanzen enthalten, gibt es eh kaum zu kaufen (dazu unten mehr). Da kann man also zu Konventionellem aus dem Supermarkt greifen.

Auch streng nach Reinheitsgebot zu leben ist möglich

Geht die eigene Ablehnung weiter und man möchte prinzipiell alle Produkte vermeiden, die mit Hilfe von genetisch veränderten Organismen hergestellt werden – auch wenn die veränderten Gene im Produkt nicht mehr nachweisbar sind – dann greift man zu Bio-Produkten. Dort dürfen GV-Pflanzen auch zur Tierfütterung nicht eingesetzt werden.

Je mehr Menschen nach diesen moralischen Reinheits-Maßstäben leben und einkaufen, desto mehr verändert sich durch ihre Nachfrage auch das Warenangebot im Lebensmittelhandel. Und das ist ja auch in Ordnung so.

Die Nachfrage von Veganern erzeugt ein wachsendes Warenangebot von Tofu- und anderen Produkten mit hohem Anteil an pflanzlichem Eiweiß. Und die Nachfrage der auf Schweinefleisch verzichtenden Muslime erzeugt ein wachsendes Angebot von Halal-Produkten inklusive Gummibärchen mit Rinder-Gelatine. Ein taz-Artikel von letztem Jahr spricht von einem Umsatz mit Halal-Produkten hierzulande von inzwischen 4-5 Milliarden Euro.

Auch der Bio-Markt wächst. Nicht nur, aber auch, weil es immer mehr Leute gibt, die Produkte vermeiden wollen, die mit Hilfe von Gentechnik hergestellt wurden. Der Marktanteil von Bio-Produkten liegt 7,5 Milliarden Euro Umsatz etwas über dem der Halal-Produkte. Nach diesen Zahlen-Übersicht von Foodwatch entspricht das etwa 4 Prozent des Gesamtumsatzes.

Ein Verbots-Szenario

Festzuhalten ist aber, dass sich der Anteil an Leuten, die sich streng Bio ernährt, nach diesen Zahlen im kleinen einstelligen Bereich bewegt.

Meine Überlegung dazu ist Folgende: Sollte einmal eine Mehrheit der Gesellschaft nach dem moralischen Maßstab leben, auch indirekt mit GV produzierte Waren ganz zu vermeiden, könnten diese Menschen die Reinheitsgebote nach denen sie leben, zum Standard erheben und für alle gültig erklären.

Ich würde einen solchen Mehrheitsentscheid bedauern, aber durchaus akzeptieren. Wenn es also nicht eine kleine Minderheit, sondern eine große Mehrheit wäre, die so lebt, könnte sie alle Produkte verbieten, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Organismen hergestellt wurden – auch für die Anderen, die keine Probleme damit haben.

Ich sehe das analog zu einem Staat, in dem hauptsächlich Muslime leben, die den Verkauf von Schweinefleisch nicht nur für sich selbst vermeiden, sondern komplett verbieten. Das ist ein legitimer, demokratischer Vorgang, auch wenn die Minderheit, die kein Problem mit Schweinefleisch hätten, dann ihr Recht auf den Konsum verliert.

Tolerante Geister würden hier sicher für einen Minderheitenschutz plädieren. Aber wenn der nicht eingeräumt würde, dann wäre es in meinen Augen trotzdem ein normaler, demokratischer Prozess.

Genauso kann ein Staat mit einer Veganer-Mehrheit natürlich die Haltung, Schlachtung und das Essen von Tieren verbieten. Auch das wäre nicht schön für die fleischessende Minderheit dieses Staates, weil sie dadurch gezwungen wären, nach den moralischen Regeln der Mehrheit zu leben.

Was wir bei diesem Gedankenspiel aber nicht vergessen sollten: diese Mehrheit gibt es nicht. Im Gegenteil. Nur eine kleine Minderheit meidet für sich selbst wirklich streng alle Produkte, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurden. Obwohl dieses Vermeiden durchaus möglich wäre.

Wenn Produkte durch den Druck einer Minderheit verschwinden

Ich finde unsere Situation in Deutschland heute völlig paradox. Eigentlich dürften Produkte bei uns in den Läden verkauft werden, die aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt werden, sofern sie entsprechend gekennzeichnet sind.  – Aber – wie ich oben schon sagte: man findet keine solche Waren im Supermarkt-Regal.

Und eigentlich dürften auf deutschen Feldern auch GV-Pflanzen wachsen.  – Aber es gibt keine mehr.

Ist das erreicht worden durch normale Prozesse? Also:

  • haben das Verbraucher erreicht durch die Wahl von Waren im Supermarkt?
  • War es eine Partei, legitimiert von einer Mehrheit der Wähler, die den Anbau und den Verkauf von GV-Produkten verbot?

Nein, beides nicht. Die GV-gekennzeichneten Produkte haben die große Masse der Verbraucher nie erreicht. Denn die Händler waren nicht frei zu entscheiden, ob sie sie ihnen anbieten. Daher wissen wir schlicht nicht, wie die Verbraucher gewählt hätten, wären sie ihnen angeboten worden.

Auch, dass keine GV-Pflanzen auf deutschen Feldern mehr wachsen haben nicht die Bauern entschieden, denen die Felder gehören. Denn sie waren nicht frei in der Wahl ihres Saatgutes.

Auch waren es keine Parteien, die grundsätzlich für Deutschland entschieden hätten, dass keine GV-Pflanzen auf den Feldern wachsen und keine GV-Waren in den Supermarktregalen liegen.

Komisch, oder? Wie kann das sein?

Wer war es denn dann, der das verhinderte?

Tja. – Es waren die Spendengelder einer Minderheit. Und die Mittel der so finanzierten Organisationen waren und sind:

  • Eine schlagkräftige PR, die auf dämonisierte Feindbilder und das Schüren von Ängsten setzt
  • Diffamierungs- und Bullying-Kampagnen gegen Wissenschaftler
  • die Zerstörung von Feldern und Bedrohung von Bauern
  • Mahnwachen vor Geschäften, die „unreine“ Produkte führen

Und das sind schon immer die Mittel des Populismus.

Von der Mehrheit so gewollt?

Die radikalisierten Kräfte, die so agieren, verweisen gerne darauf, dass in Umfragen Mehrheiten der Bevölkerung gegen Gentechnik seien. Und der Zusammenhang zwischen dem Willen der Mehrheit und den Aktionen klingt ja auf den ersten Blick auch logisch.

Aber wenn man mal drüber nachdenkt, könnte man sich schon fragen: Seit wann sind denn Umfragen ein Ersatz für die freie Wahl des Einzelnen? Und seit wann sind Umfragen ein Ersatz für demokratische Prozesse? Und seit wann rechtfertigen sie, die Einschüchterung von Leute, die normal ihrem Leben nachgehen und den Gesetzen folgen? Ist das nicht sogar eine Form der Selbstjustiz im Namen der eigenen Moral?

Und außerdem: wenn z.B. Greenpeace sagt, in ihren Umfragen seien 88% der Befragten auf deutschen Straßen gegen „Genfood“, was heißt das eigentlich? – Also für mich heißt das erstmal nur, dass diese Leute für sich selbst den Verzehr ablehnen.

Aber es ist ihnen doch möglich, ihn zu vermeiden.

Warum sollte aus dieser Ablehnung folgen, dass man auch den Anderen, die kein Problem damit haben, den Verzehr unmöglich macht? Warum sollte daraus folgen, dass die Mehrheit der Leute Stigmatisierung, Abwertung und Bedrohung von Menschen billigt,  die in diesem Punkt anders denken?

Mich würde daher ernsthaft interessieren, welche Umfrage-Ergebnisse man bekommen würde, wenn man den Leuten auf der Straße mal die Frage stellte: Dürfen Anti-Gentech-Organisationen im Ihrem Namen auch Wissenschaftler drangsalieren, Felder zertrampeln und drohende Briefe an Händler schreiben?

Ich bezweifle stark, dass die Umfragewerte dann auch noch so hoch wären.

Ist grüner Populismus mit religiösem Fundamentalismus vergleichbar?

Dass solche Mobbing-Aktionen im Namen der Moral alles andere als harmlos sind, würden wir – denke ich – wohl alle eher sehen, wenn es sich bei den Handelnden – also den Geldgebern und den freiwilligen Helfern – z.B. um besonders fromme Mitglieder einer Religion handeln würde.

Man stelle sich nur vor, dass diese Frommen etwas Neues in der Gesellschaft ablehnen und in populistischer Art als Bedrohung unserer Kultur darstellen. Man denke an Homosexualität, die von streng Gläubigen in aller Welt oft als Bedrohung ihrer Art zu leben wahrgenommen wird. Oder an Verhütungsmittel, die den Leuten Selbstbestimmung über ihre Reproduktion geben.

Wenn diese streng Gläubigen bei der Masse der Gesellschaft Respekt und Vertrauen genieße, dann glauben die Leute ihnen ihre Hasspredigten. Dann werden sie ängstlich und misstrauisch gegenüber diesen neuen Entwicklungen und Produkten. Wenn sie den Strenggläubigen vertrauen, dann glauben sie ihnen, dass ihr Wohlergehen und ihre Zukunft in Gefahr ist durch dieses Neue.

Die Leute sehen dann nicht mehr, dass die angeblichen „Feinde“ nur eins wollen: Frei und ohne Angst ihre eigenen Entscheidungen treffen zu können. So wie andere Menschen auch. Sie sehen nicht, dass diese anderen Menschen ihnen nichts wegnehmen wollen. Sie glauben den Fundamentalisten, dass es eine Koexistenz mit etwas so Widerwärtigem nicht geben darf.

Und ähnlich argumentieren auch radikale Gegner der Gentechnik. Sie stellen die Grüne Gentechnik als eine so fundamentale Gefährdung von Gemeinschaft, Tradition und Werten dar, dass nur ihre komplette Vernichtung/Vertreibung die Welt noch retten kann. Eine Koexistenz mit etwas so Widerwärtigem darf es in ihren Augen nicht geben.

Mit Vergleichen Populismus verständlich machen

Ich glaube, dieser Vergleich mit religiösen Eiferern trifft einige Aspekte des grünen Populismus sehr gut. Wie jeder Vergleich ist natürlich auch er nicht hundertprozentig passend. Genauso wenig wie mein Rassismus-Vergleich oder die anderen Vergleiche mit linken oder liberalen Feindbildern, die ich in meinem Text über den grünen Hass gezogen haben.

Es ging mir bei den vielen Vergleichen vor allem darum, das Erkennungsvermögen gegenüber anderen Populismus-Arten, das wir als Gesellschaft ja durchaus haben, auf den grünen Populismus übertragbar zu machen.

Denn um als Gesellschaft gegen jede Art von Extremismus und Terrorismus gefeit zu sein, müssen wir meiner Meinung nach die zugrundeliegenden Denkmuster zuverlässig erkennen. Indem wir automatisch misstrauisch werden, wenn es nur noch um Feindbilder und ihre Vernichtung geht und nicht mehr um Probleme und ihre Lösung.

Wie würde Verharmlosung aussehen?

Eine Verharmlosung von Diskriminierung liegt in meinen Augen vor, wenn man herunterspielt, dass Menschen schlecht behandelt werde. Wenn man leugnet, dass ihnen Freiheiten und Rechte vorenthalten werden.

Man verharmlost, wenn man es so darstellt, als sei das, was den Opfern passiert, irgendwie ihre eigene Schuld. Warum wehren sie sich auch? So nach dem Motto: Würden sie sich fügen, würde ihnen doch nichts passieren.

Wer Diskriminierung verharmlost, behauptet auch gern, das populistische Tun sei ein lächerlich geringes Übel, bedenke man, dass es schließlich um nichts Geringeres gehe als den Schutz der Gemeinschaft oder die Rettung der Welt.

Ja, es gibt sogar Populisten, die die Frechheit besitzen, ihren Opfern noch zu sagen, das alles zu ihrem eigenen Besten sei.

Ich habe in den beiden Debatten Verharmlosung von Diskriminierung beobachtet, die genau diesen unseligen Mustern folgte. Aber es war nichts, was ich geäußert hätte und es handelte sich auch nicht um die Verharmlosung von Rassismus. Was in diesen Debatten aber mehrmals und von mehreren Leuten verharmlost wurde, waren die Aktionen von Grünpopulisten und -Extremisten gegen Wissenschaftler, Landwirte und Händler.

Wer nur Rassismus-Opfer anerkennt, der verharmlost andere Arten von Diskriminierung

Diejenigen, die mir Verharmlosung von Rassismus vorwarfen, meinten ernsthaft, das Vorgehen gegen Forscher sei nicht schlimm, weil ein Wissenschaftler schließlich einfach was Anderes forschen könne. Und auch Bauern könnten einfach was Anderes anbauen. Und Händlern könne es ja eh egal sein. Wenn nicht das eine in ihren Regale liegt, dann eben das andere.

Dagegen könne ja jemand, der wegen seiner Hautfarbe diskriminiert werde, dem Druck nicht ausweichen. Deswegen – so die Argumentation – sei Rassismus ja wohl eindeutig schlimmer.

Ob sie mit dieser Argumentation auch den Opfern von religiöser, sexueller oder politischer Verfolgung antworten würden? Würden sie auch ihnen erzählen, dass ihr Leiden geringer zu werten ist, weil sie schließlich ihren irrigen Vorstellungen hätten abschwören können?

Und was antworten sie einem Rassisten, der sagt: „Wieso? Die Schwarzen können dem Druck doch auch ausweichen. Indem sie einfach dahin wieder zurückgehen, wo sie hergekommen sind.“ ?

Fügt euch den Populisten, dann passiert euch auch nichts

Ich finde, diese Argumentation zeigt erschreckend gut, was ich mit meinem Artikel sagen wollte. Dass nämlich in diesem Land Opfer von grünem Hass kaum Schutz genießen. Obwohl sie sich im Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegen, wird ihnen das Recht abgesprochen, selbst zu entscheiden, was sie in diesem Rahmen tun wollen, was sie forschen oder anbauen oder in ihre Regale legen wollen.

Und wenn sie sich gegen die Nachstellungen grünen Hasses verteidigen, wird ihnen noch vorgeworfen, sie seien selbst schuld. Denn wer ist denn auch so blöd und verteidigt so etwas Abgründiges wie die Grüne Gentechnik? Wäre doch klüger, dem Druck auszuweichen. Dann passiert einem doch auch nichts.

Dass Forscher, Landwirte und Händler hierzulande wie jeder andere Bürger das Recht haben, eine eigene, von Populisten verschiedene Meinung zu haben, wird überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Auch dass die Gesetze unseres demokratischen Staates eindeutig auf der Seite der Opfer sind, bedeutet diesen Sympathisanten grünen Hasses offenbar nichts. Gar nichts mehr.

Ja, in der Diskussion ging es sogar so weit, dass geäußert wurde, wenn jemand durch populistische Umtriebe seinen Job verlöre, könne er doch regelrecht froh sein.

Auf diese Aussage musste ich ein paar lange Sekunden ungläubig starren.

Ich kann ja verstehen, dass es für einen grünen Populisten eine schlimme Vorstellung ist, bei einem Gentech-Betrieb arbeiten zu müssen. Aber um tatsächlich zu glauben, dass die Opfer der eigenen Hetze einem bestimmt am Ende dankbar sind, dafür muss man ideologisch und menschlich schon ziemlich weit draußen sein.

Ist das alles wirklich „zivilgesellschaftliches Engagement“ wie es jemand in den Diskussionen nannte?

Wir sind nicht im Krieg

Was mich besonders beunruhigt: Leute, die diese Umtriebe als notwendiges Übel rechtfertigen, meinen oft auch, man könne vernünftigerweise gar keiner anderen Meinung sein. Mitmenschen, die die Lage anders einschätzen, wird daher gern unterstellt, sie seien entweder dumm, gehirngewaschen oder sogar vom „Feind“ bezahlt. Als so unmöglich wird es wahrgenommen, zu einer anderen Einschätzung zu kommen.

Das liegt meiner Meinung nach daran, dass Leute, die in populistischer Logik gefangen sind, sich angewöhnt haben auf eine Weise zu denken, die für Kriegszeiten nützlich ist. Sie denken wie jemand, der von Feinden umzingelt ist, die ihm nach dem Leben trachten. Wie jemand, für den es lebenswichtig ist, Toleranz und Mitmenschlichkeit fahren zu lassen und sich auf’s Überleben zu konzentrieren. Wie jemand im Krieg, der weiß: Man muss vernichten, bevor man selbst vernichtet wird.

Das Problem ist nur: Wir sind nicht im Krieg.

Und so nützlich diese Art von Denken in Kriegszeiten ist, so ungeeignet ist sie in Friedenszeiten. Denn in Friedenszeiten können wir nur miteinander auskommen, wenn wir die Koexistenz ganz unterschiedlicher Meinungen und Lebensmodelle zulassen können. Wenn wir Toleranz und Mitmenschlichkeit auch denen entgegenbringen, die ganz anders denken als wir. Und wenn wir jedem das Recht einräumen, innerhalb der Gesetze seine eigenen Entscheidungen zu treffen.

Populismus kennt keine Koexistenz mit Andersdenkenden

Das Gefährliche an populistischem Denken ist, dass viele Leute durch die die vom Populismus transportierte Angst und sein Feindbild-Hass von dem Problem-Lösungs-Modus der Friedenszeit in den Feind-Vernichten-Modus des Krieges katapultiert werden. Und das, obwohl grad gar kein Feind vorliegt, den es zu vernichten gilt, sondern höchstens Probleme, die es zu lösen gilt.

Populistisches Denken macht, dass wir statt in Freund und Feind denken, in schwarz und weiß und „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“ Und Toleranz gegenüber Andersdenkenden wird in einem solchen Klima zum Hochverrat.

Weil aus diesem Hass schon längst Handlungen wurden, haben wir unser Land für eine Menge Leute in den letzten Jahrzehnten zu einem feindlichen Ort gemacht. Die Opfer dieser Hetze spüren genau, dass ihre Menschenwürde in den Augen der Populisten nichts zählt.  Und dass diese nicht ruhen werden, bevor sie „den Feind“ besiegt haben. Sie spürten am eigenen Leben, dass eine schweigende, verängstigte Bevölkerungsmehrheit die Übergriffe einer radikalisierten Minderheit duldet. Und dass unser Staat sie davor nicht schützen kann.

Aber Koexistenz ist ohne weiteres möglich

Ich empfinde all das als außerordentlich absurd. Denn eine Koexistenz zwischen konventioneller und Bio-Landwirtschaft ist ja offensichtlich möglich. Genauso wie eine Koexistenz zwischen Konsumenten, die GV-Produkte meiden, und Konsumenten, die kein Problem mit ihnen haben, ohne weiteres möglich ist.

Also, wo ist eigentlich das Problem? Es gibt keinen Grund, Leuten zu vertrauen, die so im grünen Hass gefangen sind, dass sie eine solche Koexistenz vehement ablehnen. Warum geben wir Leuten Macht, die nicht bereit sind, Andersdenkende zu tolerieren? Solche Leute sind immer gefährliche Populisten.

Auch wenn die grünen Populisten in einer anderen Farbschattierung und mit anderen Feindbildern daherkommen, führt ihr Hass nicht zu einer besseren Welt, sondern nur zur Diskriminierung von Menschen. Zu Diskriminierung von Menschen, die sich nichts anderes zu Schulden haben kommen lassen, als innerhalb unseres gesetzlichen Rahmens anderer Meinung zu sein. Und die sich nichts anderes wünschen, als frei und ohne Angst ihr eigenen Entscheidungen treffen zu können.

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3 Gedanken zu „Nicht ich verharmlose Diskriminierung, sondern die Sympathisanten grünen Hasses“

  1. Ich möchte mich auf den Textabschnitt beziehen, welchen ich unten eingefügt habe:

    Und ich finde gut, dass es in Deutschland für diese Menschen so gute Möglichkeiten gibt, den Verzehr zu vermeiden.

    Zwar können GV-Produkte nicht aus rationalen Gründen abgelehnt werden, weil von Ihnen keine nachweisbare Gefahr ausgehen, aber für mich ist es vollkommen ok, wenn Menschen sie trotzdem ablehnen – aus moralischen Gründen eben.

    Ja es ist sehr schön, wenn man sich in Deutschland äußern kann, aber von der Politik trotzdem einfach überhört wird, nur um Wahlkampfspendern entgegen zu kommen.
    Ich, und da bin ich bei weitem nicht der einzige, bin der festen Überzeugung, dass aus genveränderten Produkten erhebliche Gefahren ausgehen. Es ist zwar nichts erwiesen, dass uns direkte Gefahren von den Produkten bzw. Pflanzen entstehen, aber es kann auch garnicht das Gegenteil bewiesen werden, weil einfach keine Forschungen laufen bzw. lange genug laufen. Fakt ist eines, und das wird immer mehr verharmlost, das allein schon das vorhandensein von solchenPflanzen unsere natürliche Pflanzenwelt gefährdet ist. Die Genpflanzen kreuzen sich wild und unkontrollierbar mit unseren altbekannten Kulturpflanzen und vernichten deren Genpool. Sie werden wie man bei uns sagt taub, also können deren Samen nicht mehr zur Vermehrung gentzt werden. Die Gefahren, dass diese Pflanzen sich nicht auch durch ihre Einkreuzung irgend wann auf andere Pflanzen auswirken und diese verändern können, ist sicher höher, als ständig so verharmlosend gesagt wird. Wenn das erst einmal stattfindet, dann haben die Sattgutkonzerne sicher riesige Profite, weil es dann ja nur noch ihre Samen gibt, aber wo wollen die denn dann noch Samen hernehmen, wenn keine Basispflanzen mehr da sind. Die Menschheit könnte dann sehr schnell einfach verhungern.
    Ich bin überzeugt, dass wir die Genpflanzen nicht brauchen, somdern nur eine gut gemanagte Landwirtschaft, um die Ertragsmengen zu haben die wir so angeblich nur mit den Genpflanzen haben.

    Also, die Gefahren sind erkennbar und sicher vorhanden. Auch wenn es nicht direkt zum Supergau kommen muss, die Gefahr ist ständig vorhanden. Ich glaube auch, dass diese Gefahr höher ist, als von einem Supermeteoriten getroffen zu werden.
    Jürgen Heinze

    1. Ja, es gibt heute viele Leute, die in gentechnisch veränderten Pflanzen eine Gefahr sehen. Aber heißt das automatisch, dass diese Technologie auch wirklich eine Gefahr darstellt? Nein, natürlich nicht. Wie wir Technologien intuitiv einschätzen und ob sie tatsächlich mehr schaden oder mehr nutzen, sind einfach zwei paar Stiefel. Nur weil sich ein Horrorszenario innerhalb des eigenen Weltbildes total plausibel anhört, heißt das nicht, dass es zutrifft.

      Natürlich hat jeder das Recht zu sagen: Auch wenn die Wissenschaft keine Anhaltspunkte findet für die Gefährlichkeit von GVOs, habe ich trotzdem Angst davor und möchte das weder selbst essen, noch, dass es überhaupt angebaut wird. Das ist legitim.

      Aber es ist eben mindestens genauso legitim zu sagen: Die Wissenschaft hat gezeigt, dass diese Pflanzen genauso sicher sind wie herkömmliche Züchtungen, also sollten die Landwirte sie auch einsetzen dürfen. Und ich finde es ganz schön mies, Leuten, die dieser anderen Meinung sind, zu unterstellen, sie würden sowas sicher nur sagen, weil sie finanziell abhängig sind von der Branche, die an diesen Pflanzen verdient. So wie Sie das in Ihrem Kommentar Politikern vorwerfen, nur weil sie anderer Meinung sind als Sie.

      Und nein, es stimmt nicht, dass es zu wenig Sicherheitsforschung gibt. Wie ich hier schon mal ausgeführt habe, hat allein die EU über 300 Mio. Euro an Steuergeldern in die Erforschung aller von Gentechnik-Gegnern geäußerten Bedenken gesteckt. Es zeigten sich in diesen Studien aber einfach keine der vermuteten Gefahren.

      Das kann man natürlich ignorieren. Oder sagen, dass die Wissenschaft nur noch nicht die richtigen Versuche gemacht hat. Oder gar behaupten, alle seien korrupt und unterwandert. Aber was, wenn diese Pflanzen wirklich harmlos sind?

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