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Warum oller Fisch stinkt

Ich hatte eine Fortsetzung der Geheimnisse des Fischfleisches versprochen, wenn es denn mal wieder auf den Tisch kommt. Gestern war es so weit, mit ein paar gebratenen Seeteufel-Schwänzen zu Gemüse-Nudeln. Ein guter Anlass, da weiterzumachen, wo ich aufgehört hatte.

zugehaltene NaseWas ich nämlich im Kapitel über Fische bei McGee auch interessant fand, ist die Erklärung dafür, warum alter Fisch so erbärmlich zu stinken anfängt. Es hat wieder etwas mit den Besonderheiten des Wassers zu tun: in diesem Fall mit dem Kampf der Fischzellen gegen die Gesetze der Osmose.

Die Welt hat diesen Hang nach Ausgleich von Konzentrationsunterschieden, den man Diffusion nennt. Können nicht alle Stoffe so diffundieren wie ihre Natur sie drängt, weil etwa eine sogenannte semipermeable Membran sie hindert, dann kommt’s zur Osmose. Das heißt in der Biologie und ihren Zellen meist: Rein- oder Rausfließen von Wasser. Weder das eine noch das andere tut Zellen besonders gut.

Das Problem der Meerwasserbewohner: sie atmen und schlucken ständig Seewasser mit einem Salzgehalt von um die 3%. Ihre Zellen aber haben nur 1% Salz. Um nicht durch Osmose ihre Zellflüssigkeit ans Meer zu verlieren, füllen sie ihre Zellen mit Aminosäuren und chemischen Verwandten, den Aminen. In den unterschiedlichen Tiergruppen entstanden evolutionär jeweils etwas verschiedene Lösungen dieses ozeanischen Problems.

Krebs- und Muschel-Zellen häufen das süß schmeckende Glycin an sowie den bekannten Geschmacksverstärker Glutamat. Seefische verlassen sich eher auf das geschmacksneutrale TMAO (Trimethylaminoxid). Nach der Schlachtung wandeln Bakterien und fischeigene Enzyme das harmlose TMAO allerdings in TMA um (Trimethylamin), das für den Gestank älteren Seefisches verantwortlich ist.

Warum ist Fischfleisch so anders?

Teller mit Fischfrikadelle, Salzkartoffeln und GurkensalatGestern Abend gab’s Fischfrikadellen bei uns (wieder mal stark inspiriert durch ein Chefkoch-Rezept, wie inzwischen fast alles, was ich neu ausprobiere). Das Tolle an Fischfrikadellen ist nämlich, dass die Kinder ohne Klage mitessen. Das kommt bei Fisch sonst nicht vor, außer er liegt in handelsüblicher Stäbchenform auf ihrem Teller…

Es war sehr lecker, auch wenn wir diesmal weder Kabeljau noch Seelachs bekommen hatten. Die Fischtheke bei Real hatte wegen des Feiertags keinen frischen Fisch, die Kühltheken waren auch ausgeräubert. Es blieb noch der Victoriasee-Barsch, der eigentlich der früher im Victoriasee ausgewilderte Nilbarsch ist (Wikipedia). Der schmeckte gut. Unser Nachbar, der mit seiner Frau später zum Kartenspielen kam, merkte aber an: „Was? Den soll man ja gaaar nicht kaufen…“. Hintergrund: Der Fisch steht auf der Greenpeace-Liste im roten Teil. Warum, erklärt Greenpeace u.a. hier. Der informierte Konsument greift stattdessen zu Seelachs.

Bei der Zubereitung dieses politisch höchst unkorrekten Fisches beschäftigte mich aber etwas ganz Anderes. Ich fragte mich mal wieder: Warum ist Fischfleisch eigentlich so anders als „normales“ Fleisch? Da war doch was mit hellen und dunklen Muskelfasern, die für kurz & schnell vs. lang & ausdauernd zuständig sind. Dunkel erinnerte ich mich an eine quer geschnittene Schwanzflosse in meinem Grundstudium. Detaillierter als diese vagen Erinnerungen weiß es natürlich Harold McGee, dessen Buch „On Food and Cooking“ ich ja schon mal gelobt habe. Warum ist Fischfleisch so anders? weiterlesen

Von lebenden Milchsäurebakterien und geschummelten Krautwickeln

Ein Teller mit Krautwickel und eine Schüssel mit Joghurt, Ausschnitt

Wie hätten Sie Ihre Milchsäurebakterien denn gerne? Frisch und lebendig (Joghurt) oder gut durchgekocht (Sauerkraut)? Wir hatten sie heute in beiden Formen.

Die Kinder verzehrten sie im Naturjoghurt, wie immer mit Knuspermüsli und Honig. Mit dabei: Unmengen von Streptococcus thermophilus und irgendwelche Lactobacillen dazu. Ganz lebendige Milchsäurebakterien! Naja, ist vielleicht nicht so schockierend, wenn man bedenkt, dass die Zellen in Gemüse-Rohkost und Salat ja auch noch leben, wenn wir sie verspeisen. Dabei fällt mir ein, ob Gesundes bei den Kindern nicht grundsätzlich in roher Form besser ankommt? Könnte was dran sein. Beispiel Paprika: roh – lecker, gekocht – iih, bäh. Andererseits, das Gegenbeispiel Salat ruft noch beeindruckendere Ekeläußerungen hervor. Von lebenden Milchsäurebakterien und geschummelten Krautwickeln weiterlesen

Ich liebe McGee und seine kulinarische Bibel für Wissensmenschen

Ich hab einen rot gekleideten Wälzer im Regal stehen, der mir immer wieder große Freude macht. Der erstmal unspektakulären Titel “On Food and Cooking” (Über Essen und Kochen) sagt noch nicht so viel, der Untertitel “The Science and Lore of the Kitchen” (Die Wissenschaft und Weisheit der Küche) schon ein bisschen mehr. Der Autor Harold McGee hat in dem Nachschlagewerk eine riesige Fülle an interessanten Hintergrundinformationen zu Lebensmitteln aus aller Welt und ihrer Zubereitung zusammengetragen.

Es macht einfach Spaß immer mal wieder ein paar Seiten durchzulesen – etwa passend zu dem, was ich aktuell so auf meinem Teller hatte oder was ich mich schon immer gefragt habe. Aber die Zufallsentdeckungen sind die schönsten. Ein Beispiel: Dass Milchsäure-Bakterien Milch zu Joghurt und Käse machen, wusste ich. Auch dass sie für die Umwandlung von Weißkohl zu Sauerkraut verantwortlich sind, war mir bewusst. Aber dass sie auch bei Salami ihre Finger im Spiel haben, das weiß ich erst seit ich im McGee zufällig darüber stolperte. Das Fleisch in der Salami wird haltbar durch ganz ähnliche Lactobacilli und Leuconostocs wie sie im Käse leben und ihn mit ihrer Milchsäure und anderen Ausscheidungen (fast) unbewohnbar machen für Schimmelpilze und Bakterien. Ich liebe McGee und seine kulinarische Bibel für Wissensmenschen weiterlesen