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#symp2013 (6) – Erbguth über Wachkoma und das abgeschaltete Bewusstsein

TdS Symposium PR Blatt 01-2013 72 DpI RGBEs gab noch ein paar tolle Vorträge beim Turm der Sinne-Symposium im Oktober, über die zu schreiben ich bisher noch nicht gekommen bin. Heute geht’s deshalb weiter mit meiner Reihe. Und zwar mit Frank Erbguth. Der Direktor der Neurologie im Klinikum Nürnberg sprach dort vor 4 Monaten über medizinisch relevante Zustände von abgeschaltetem Bewusstsein.

Ich hatte einige „Ach, so ist das!“-Momente in Erguths Vortrag. So wusste ich vorher nicht, dass ein Koma eigentlich immer ein vorübergehender Zustand ist. Ein Koma ist in den allermeisten Fällen ein Zustand, der innerhalb kurzer Zeit in einen anderen Zustand übergeht – bei Verschlechterung in den Tod, bei Verbesserung zum Aufwachen.

Wenn die Rede davon ist, dass jemand „jahrelang im Koma lag“, ist meist der dritte mögliche Zustand gemeint, in den das Koma übergehen kann: das Wachkoma. Wie der Name schon sagt, ist der Patient dann zwischendurch wach. Sprich: der Schlaf-Wach-Rhythmus ist wieder da. Und auch die Reflexe sind auslösbar. Aber eben nicht viel mehr.

Durch den Vortrag verstehe ich besser, warum dieser Zustand – das Wachkoma – eigentlich so verstörend ist. Das war nicht Erbguths Hauptthema, aber für mich persönlich ein interessante Erkenntnis. Das Wachkoma ist ein Zustand, der fremd wirkt, weil es für ihn im Alltag keine Entsprechung gibt. Zustände wie Ohnmacht, Narkose oder auch das Koma sind im Vergleich dazu unproblematisch, weil sie von außen aussehen als schlafe der Mensch. Dass man dann nicht ansprechbar ist, ist uns klar. Das Wachkoma aber sieht ganz anders aus als der Schlaf. Hier fällt etwas auseinander, was wir sonst immer als zusammenhängend wahrnehmen: Wachheit und Bewusstsein. #symp2013 (6) – Erbguth über Wachkoma und das abgeschaltete Bewusstsein weiterlesen

#symp2013 (5) – Walter über die 3. Welle der Biologischen Psychiatrie

TdS Symposium PR Blatt 01-2013 72 DpI RGBDer Psychiater und Hirnforscher Henrik Walter sprach beim diesjährigen Symposium der Sinne über das, was er die dritte Welle der Biologischen Psychiatrie nennt. Sein Vortrag war Anregung auf hohem Niveau – auch wenn er mit jeder Folie so viele neue Informationen lieferte, dass ich am Ende dachte: „Wahnsinnig interessant, aber das muss ich alles noch mal genauer nachlesen!“

Gut also, dass dieses Nachlesen auch möglich ist. Zum einen hat Walter für die Turm der Sinne-Seite seine Folien als PDF zur Verfügung gestellt. Zum anderen finden sich  die meisten im Vortrag erwähnten Informationen und Argumente in dem lesenswerten, englischsprachigen Artikel von ihm in „Frontiers in Psychology“: Walter H (2013) The third wave of biological psychiatry.

Über einen interessanten Aspekt in Vortrag und Veröffentlichung habe ich einen Artikel für Laborjournal Online geschrieben, der heute erschienen ist: Biomarker für Gehirne auf Abwegen. Im Teaser dazu heißt es: „Die 5. Neuauflage der „Bibel“ der Psychiatrie (DSM-5) sieht noch immer keine Biomarker zur Diagnose von psychischen Erkrankungen vor. Forscher aus der Biologischen Psychiatrie  verabschieden sich daher vom DSM als Goldstandard und arbeiten an einer neuen Systematik.“ #symp2013 (5) – Walter über die 3. Welle der Biologischen Psychiatrie weiterlesen

Rätsel des Monats: Ein leckeres Insektizid

Es ist Zeit für das Rätsel des Monats. Ich bin gespannt, ob ihr drauf kommt. Ich suche heute den Namen eines Insektizids, das ich oft zu mir nehme. Ich nehme es nicht aus Versehen zu mir, sondern durchaus gewollt. Und ich bin nicht alleine damit. Fast alle Erwachsenen, die ich kenne, genehmigen sich regelmäßig etwas davon. Vielleicht bist auch du Konsument.

Von Insekten wird der Stoff gemieden, weil er für sie tödlich sein kann. Bei uns hat er eine andere Wirkung. Er verändert etwas im Gehirn. Und meistens gefällt uns, was er dort tut. Ja, wir nehmen den gesuchten Stoff sogar gezielt zu uns, damit er den Neurotransmitter Adenosin bei der Arbeit stört. Wir wollen dann, dass er die Adenosin-Rezeptoren unserer Neuronen blockiert und Adenosin seine Signale nicht mehr übermitteln kann.

Von welchem bewusst und legal konsumierten Insektizid ist hier die Rede?

Zu gewinnen ist wieder Ruhm und Ehre, liebe Leser.  Also auf die Rätsel-Startblöcke, fertig… los!

Schmerz on, Schmerz off

Gestern war der Frühjahrsputz dran. Allerdings nicht der für die Wohnung, sondern der für die Zähne. Professionellen Zahnreinigung. Wirklich nicht meine Lieblingsbeschäftigung. Aber überraschenderweise fand ich das Ganze gestern sogar interessant und das, gerade WEIL es unangenehm war. Keine Sorge, ich bin nicht plötzlich masochistisch geworden, im Gegenteil, ich habe versucht die Wahrnehmung meiner Schmerzen zu verändern. Es war faszinierend, bewusst zu merken, wie ich den Schmerz hoch- und runterfahren kann je nach Fokus der Aufmerksamkeit.

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Dick bleiben ist gesund

Seit ich einmal morgens beim Recken und Strecken ohnmächtig wurde, bin ich gegen Diäten. Da war ich 15. Ich weiß nicht mehr, welches Diät-Regime ich da einhalten wollte, aber ich erinnere mich noch wie ich danach aussah. Als mir schwarz vor den Augen wurde, fiel ich nämlich ungebremst mit dem Gesicht auf mein Skateboard und lief danach mit einem Oberlippen-Schorf herum, der nicht nur weh tat, sondern auch noch aussah wie ein Hitler-Bärtchen.

Natürlich hab ich in den beiden Jahrzehnten seitdem trotzdem meist versucht, mich gesund zu ernähren. Aber gezügeltes, diszipliniertes Essen ist nicht mein Ding. Ich vertrage keinen offenen Kampf gegen meinen Hunger. Und ich kriege seehr schlechte Laune davon. Daher bin ich stets daran interessiert, wenn ich von berufener Stelle bestätigt kriege, dass meine ablehnende Haltung völlig gesund und vernünftig ist. Heute ist diese berufene Stelle Achim Peters mit seinem Buch Mythos Übergewicht*. Dick bleiben ist gesund weiterlesen

Warum ich frei bin, obwohl mich mein Hirn steuert

Titelbild des turmdersinne-Symposiums 2011, Bild zeigt einen Verbrecher als Marionette seines GehirnsEs ist ja immer eine Freude passende Schubladen für andere Menschen zu finden. Noch viel mehr Spaß habe ich allerdings daran, eine neue Schublade für mich zu finden. Samstag vor einer Woche war es mal wieder so weit. Über die behagliche Schublade, in der ich neuerdings sitze, wollte ich schon letzten Montag bloggen, bevor mir das Läuse-Thema dazwischen kam.

Meine neue Schublade trägt den Aufkleber „Kompatibilisten“, was heißt, dass ich mich nun offiziell zu den Leuten rechne, die sich zwar als biologische Maschinen sehen, aber trotzdem meinen, sie hätten einen freien Willen. Ja, die sogar meinen, freier könnte ihr Wille gar nicht mehr werden ohne willkürlich zu werden.

Aufgegangen ist mir das beim Vortrag von Ansgar Beckermann beim Symposium turmdersinne 2011 über „Verantwortung als Illusion? – Moral, Schuld, Strafe und das Menschenbild der Hirnforschung“. Beckermanns Vortrag war sicherlich nicht der mitreißendste des Wochenendes, aber gerade in seiner Unaufgeregtheit fühlte ich mich sehr zu Hause. Das Thema Willensfreiheit fasziniert mich schon seit Jahren, dabei fand ich den ganzen Streit darum aber zunehmend unsinnig. Warum ich frei bin, obwohl mich mein Hirn steuert weiterlesen

Gehirne kneten

Bei der Recherche für meinen ersten Post-Babypausen-Artikel für das Laborjournal (dazu später mehr) stolperte ich über eine nette Idee. Um seinen Psychologie-Studenten die Hirnanatomie nahe zu bringen lässt der Neurowissenschaftler Onur Güntürkün sie aus farbiger Knete Gehirnmodelle modellieren. Mehr dazu im Video:

Das menschliche Gehirn – ein Mal- und Bastelkurs (bei Google Videos)

Ob das wohl schon was für meine Jungs wäre bei der nächsten Knet-Session? Wer sich für Dinosaurier-Ausgrabungssets interessiert oder Arztkoffer-Abhör-Spiele, den kann ich damit vielleicht auch begeistern? … 😉

Hormone im Kopp?

Wie eigentlich das Symposium war, auf das ich mich so gefreut hab  (Nur noch 16 Tage bis zum Symposium)? Na, gut war’s! Ist ja schon fast 10 Tage her. Noch nicht zu lang um ein Wochenende voller spannender Vorträge zu loben. Von Hirnforschung/Psychologie bis Soziobiologie/Verhaltensforschung drehte sich ja alles um die kleinen (Hirn-) Unterschiede zwischen den Geschlechtern (Mann, Frau, Gehirn. Symposium turmdersinne 2010, Nürnberg). Einziger Kritikpunkt: Die neue Location war nicht so prickelnd. Der Saal im Maritim-Hotel ist zwar groß, aber davor war wenig Platz. Neben dem Gewusel einer Hotelrezeption zwischen Reisebus-Handling und Geschäftsleuten ist es schwer mit der Vergeistigung… ;-) Und dieser 80er Jahre Charme, nee… Vorher im Germanischen Nationalmuseum mit dem vielen Weiß und den hohen Decken passte die Atmosphäre viel besser zum Inhalt, fand ich. Hormone im Kopp? weiterlesen

Nur noch 16 Tage bis zum Symposium

Ich freu mich schon auf’s diesjährige Symposium vom Turm der Sinne (1.-3. Oktober, Hotel Maritim, Nürnberg) und hoffe auf ähnlich interessante Vorträge wie letztes Jahr. Thema diesmal: Mann, Frau, Gehirn – Geschlechterdifferenz und Neurowissenschaft.

2004 hatte mich das Thema Willensfreiheit das erste Mal hingelockt. Toll! Intellektueller Hochgenuss! Letztes Jahr ging’s um Kreativität. Da hätte ich mich wohl nicht angemeldet, wäre ich 2004 nicht so begeistert gewesen. Kreativität klingt ja immer so nach Selbsthilfe-Buch-Wischiwaschi. Aber für mich war’s beide Male genau die richtige Mischung von Hirnforschung, Psychologie und philosophisch-weltanschaulichen Fragen.

Und mal von Freitag abend bis Sonntag mittag Vorträge zu hören, zu lesen und zu diskutieren, das ist für mich wie Urlaub. Ich hab kleine Kinder und kann von daher froh sein, wenn ich mal einen kleinen Gedanken zu Ende denken darf. Größere Gedanken in aller Breite und Tiefe? Hmmh, schwierig… Von daher freu ich mich auf ein Luxus-Wochenende mit Wellness für den Geist.