Archiv der Kategorie: Biologie und Gesellschaft

#symp2013 (1) – Salon-Stimmung rund ums Hirn

TdS Symposium PR Blatt 01-2013 72 DpI RGBAm Wochenende war ich auf dem Symposium vom Turm der Sinne und bin randvoll mit neuen Erkenntnissen und interessanten Gedanken-Anregungen. Zentrales Thema diesmal: Bewusstsein, Selbst und Ich. In halbstündigen Vorträgen gaben Hirnforscher, Psychologen und Philosophen Einblick in aktuelle Forschung und schwelende Kontroversen. Ich denke, meine Gedanken dazu reichen gleich für ein paar Blog-Beiträge. Ich nehme mir also Zeit und spüre in diesem ersten Teil der Serie erstmal der speziellen Stimmung der Veranstaltung nach und erkläre, was sie mit Weltanschauungsfragen zu tun hat. #symp2013 (1) – Salon-Stimmung rund ums Hirn weiterlesen

Was dem Humanwissenschaftler der Biologe ist, das ist dem Biologen der Physiker

Ich kann die Geistes- und Sozialwissenschaftler verstehen, denen die Haare zu Berge stehen, wenn Bio-Forscher so tun, als könnten sie kulturelle Phänomene künftig allein mit Hilfe von Hirnscannern oder Gentests erklären. Platt und irreführend wirkt das aus ihrer Sicht. Lächerlich gar. Ich denke manchmal: Vielleicht wäre es ein Trost, dass die Biologen gelegentlich ähnliche Anmaßung von Kollegen aus den anderen Naturwissenschaften erdulden müssen? Was dem Humanwissenschaftler der Biologe ist, das ist dem Biologen der Physiker weiterlesen

Böser Lobbyismus, guter Lobbyismus?

Mich beschäftigte in den letzten Tagen der Streit um die biotechnologischen Schülerlabore von HannoverGEN, denen Rot-Grün in Niedersachsen den Geldhahn zudrehen wollte. Aus Greenpeace- und wohl auch grünen Sicht ist das Projekt kaum mehr als hintertriebene PR pro Gentechnik. Hauptargument: Dass es hier um die Indoktrination junger Menschen gehe und nicht um Bildung, sehe man ja schließlich an der Mitfinanzierung durch Saatgut-Unternehmen und das Landwirtschaftsministerium.

Mich hatte in den letzten Monaten schon beeindruckt, wie gut die beteiligten Schulen und Forscher sich gegen den Vorwurf wehrten und wie sie es schafften – auch bundesweite – Unterstützung gegen die Schließung zu organisieren. Auch der Verband deutscher Biologen (vbio) engagierte sich sehr. Nicht zuletzt sicherlich, weil sein umtriebiger Vorsitzender Wolfgang Nellen im Nachbarland Hessen selbst ein ähnliches Schülerlabor betreibt. So kamen über OpenPetition 3.707 Unterschriften zusammen. Forderung: die neue Landesregierung solle sich das Projekt doch zumindest erstmal anschauen, bevor sie darüber entscheidet.

Als ich vom Urlaub zurück war, las ich in dem schon ein paar Wochen alten vbio-Organ „Biologie in unserer Zeit“, dass der Protest wohl schon Erfolge verbucht. Nellen berichtet im Editorial jedenfalls, dass die Regierung in Hannover inzwischen Gesprächsbereitschaft signalisiert hat. Darüber habe ich mich gefreut. Böser Lobbyismus, guter Lobbyismus? weiterlesen

Die Netzhaut der Klone

Vor ein paar Tagen lief „Die Insel“ im Fernsehen und bot Gelegenheit für Fragen wie „Ok, spannend, aber – wie ist das eigentlich in Wirklichkeit?“.

Der SciFi-Actionfilm (2005) mit Ewan McGregor und Scarlett Johannson ist ein düsteres Zukunftsszenario, in dem isoliert von der Welt lebende Menschen entdecken, dass sie Klone sind – erschaffen als Organ-Ersatzteillager für Superreiche. Dahinter steckt eine Firma, die unter allen Umständen geheim halten will, dass ihre Klone mitnichten im Wachkoma liegen, wie sie der Öffentlichkeit weismachen wollen. Stattdessen wird den Klonen aufwändig vorgegaukelt, sie seien Überlebende einer globalen Katastrophe und würden kontaminiert, wenn sie die Anlage verließen. Die Netzhaut der Klone weiterlesen

Warum ich frei bin, obwohl mich mein Hirn steuert

Titelbild des turmdersinne-Symposiums 2011, Bild zeigt einen Verbrecher als Marionette seines GehirnsEs ist ja immer eine Freude passende Schubladen für andere Menschen zu finden. Noch viel mehr Spaß habe ich allerdings daran, eine neue Schublade für mich zu finden. Samstag vor einer Woche war es mal wieder so weit. Über die behagliche Schublade, in der ich neuerdings sitze, wollte ich schon letzten Montag bloggen, bevor mir das Läuse-Thema dazwischen kam.

Meine neue Schublade trägt den Aufkleber „Kompatibilisten“, was heißt, dass ich mich nun offiziell zu den Leuten rechne, die sich zwar als biologische Maschinen sehen, aber trotzdem meinen, sie hätten einen freien Willen. Ja, die sogar meinen, freier könnte ihr Wille gar nicht mehr werden ohne willkürlich zu werden.

Aufgegangen ist mir das beim Vortrag von Ansgar Beckermann beim Symposium turmdersinne 2011 über „Verantwortung als Illusion? – Moral, Schuld, Strafe und das Menschenbild der Hirnforschung“. Beckermanns Vortrag war sicherlich nicht der mitreißendste des Wochenendes, aber gerade in seiner Unaufgeregtheit fühlte ich mich sehr zu Hause. Das Thema Willensfreiheit fasziniert mich schon seit Jahren, dabei fand ich den ganzen Streit darum aber zunehmend unsinnig. Warum ich frei bin, obwohl mich mein Hirn steuert weiterlesen

Vorfreude auf Hirnforschung und Philosophie

Titelbild des turmdersinne-Symposiums 2011, Bild zeigt einen Verbrecher als Marionette seines GehirnsNoch scheint es Karten zu geben. Wer sich also (wie ich) schon jetzt auf den Herbst freuen will, sollte sich noch schnell beim diesjährigen „Turm der Sinne“-Symposium anmelden. Wie jedes Jahr laden die Macher des kleinen Nürnberger Museums zu einem Wochenende voller interessanter Vorträge. Diesmal referieren Neurobiologen und Psychiater, Juristen und Philosophen zur Frage: Verantwortung als Illusion? – Moral, Schuld, Strafe und das Menschenbild der Hirnforschung.

Die Veranstaltung richtet sich an die breite, interessierte Öffentlichkeit. Und das macht sie auch gut. Wobei es natürlich den Wissenschaftlern unterschiedlich gut gelingt, sich allgemeinverständlich auszudrücken – so zumindest meine Erfahrung von früheren Symposien (2004, 2009 und 2010). Vorfreude auf Hirnforschung und Philosophie weiterlesen

PID-Debatte bei Abgeordnetenwatch

An der Bundestagsdebatte über die Präimplantationsdiagnostik (PID) hat mich besonders fasziniert, wie unterschiedlich Abgeordnete aus ein und der selben Partei argumentierten. Die Fraktionsdisziplin war in dieser Frage ja aufgehoben und damit durfte (und musste) sich jeder Parlamentarier seine ganz eigene Meinung bilden. Das war schon in den Reden interessant, weil die Leute ja versuchten, ihre persönliche Haltung mit den Grundsätzen ihrer Parteien zu vereinen. Wie unterschiedlich man entscheiden kann, auch wenn man sich auf die selben Werte beruft!

Mich hat aber auch interessiert, wie bei aller Uneinigkeit quer durchs Parlament die parteipolitischen Trends aussahen und fand die Seite Abgeordnetenwatch.de bei der Frage sehr hilfreich. PID-Debatte bei Abgeordnetenwatch weiterlesen

PID künftig möglich

Der Bundestag hat gerade die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland ermöglicht. Das war lange überfällig. Mir war es schon vor Jahren schleierhaft, warum das Gesetz einen Embryo in der Petrischale besser schützt als einen mehrere Monate alten Fötus, den die Mutter nach Fruchtwasseruntersuchung abtreiben darf. Jetzt sind beide gleichgestellt und die Welt für mich wieder in Ordnung. Ich bin keine Abtreibungsgegnerin, aber Spätabtreibungen bis kurz vor die Geburt, sowas stelle ich mir schrecklich vor – für alle Beteiligten. Und PID wird helfen einige davon zu verhindern. Mit genügend Geld (im Beitrag bei Phoenix war von 11.000 Euro die Rede!) konnte man sich diese medizinische Dienstleistung vorher schon in Belgien, Spanien oder Tschechien kaufen. Jetzt darf es sie für bestimmte Paare auch bei uns geben und zwar auf Krankenkassen-Kosten und somit auch für Leute, die nicht das Geld hätten für einen teuren „PID-Tourismus“!

PID: Wie stimmen Nürnberger Bundestagsabgeordnete?

Die Nürnberger Zeitung hat sich bei unseren Bundestagsabgeordneten hier aus der Stadt umgehört, wie sie stimmen werden. Laut diesem Artikel sind die beiden SPD-Abgeordneten Martin Burkert und Günter Gloser für die begrenzte Zulassung (Hintze-Vorschlag). Auch die CSU-Abgeordete Dagmar Wöhrl tendiert dahin, hat sich aber noch nicht festgelegt. Ihr CSU-Kollege Michael Frieser stimmt für das Verbot von PID, genauso wie Harald Weinberg von den LINKEN.

Wo wir grad bei Geisteswissenschaftlern sind

Noch mal zum bereits erwähnten Symposium vom Turm der Sinne 2010 in Nürnberg. Mich hat mal interessiert, was der Moderator der Podiumsdiskussion am Schluss eigentlich über die Veranstaltung gebloggt hat. Und ha, endlich klärt sich auf, warum er für einen Moderator so ungewöhnlich viel selbst zu sagen hatte (so viel, dass mehrmals laute Rufe aus dem unruhigen bis ungehaltenen Publikum schallten). Er schreibt nämlich, dass ein bisschen mehr Dissonanz und Widerspruch der Veranstaltung gut getan hätte und meint damit, dass da feministische Naturwissenschaftskritik und radikaler Diskurskonstruktivismus gefehlt haben. Komisch, mir haben die so gar nicht gefehlt. Was mir allerdings gefehlt hat, war ein Moderator, der die Diskussion derjenigen Leute leitet, die tatsächlich da sind und nicht die Stimmen derjenigen versucht zu ersetzen, die ihm fehlen… ;-)