Oh, Fichtenbaum! Oh, Fichtenbaum …

Stechfichte2
„Die Fichte sticht…

Unser Weihnachtsbaum dieses Jahr ist zur Abwechslung mal keine Nordmanntanne, sondern eine bläuliche Fichte. Nicht so eine Gemeine Fichte, wie sie zur Holzproduktion in unseren Wäldern steht. „Nein, nein, das ist eine Edel-Fichte!“, versicherte mir der Weihnachtsbaumverkäufer.

„Edel“ heißt in dem Fall auch wehrhaft, wie mein Kleiner (5) und ich beim Transport nach Hause feststellen mussten, sprich: das Gewächs ist ungewohnt stachelig. Nun gibt es nicht umsonst den Merkspruch: Die Fichte sticht, die Tanne nicht. Aber unsere edle, blaue Fichte ist selbst für Fichten-Verhältnisse eine echte Ober-Piekserin. Sie heißt sogar Picea pungens, zu deutsch: Stech-Fichte. Völlig zu Recht, muss ich zugeben. Gegen sie ist die Nordmann-Tanne ein geradezu kuscheliger Weihnachtsbaum.

Nordmanntanne
… die Tanne nicht.“ – Vorn abgerundete, weiche Nadeln bei der Nordmanntanne (links Zweige von oben, rechts von unten betrachtet).

Marketing-technisch macht der Name Stech-Fichte natürlich wenig her. Am Weihnachtsbaum-Stand läuft unser Baum deshalb unter dem Namen Blau-Fichte. Immerhin 15 Prozent aller Weihnachtsbaumkäufer greifen zu dieser Art. Neben dem im Vergleich zur Nordmanntanne günstigeren Preis, soll der charakteristische Duft, den der Baum verströmt, ein Kaufargument sein. Wer möchte, dass sein Baum nach Nadelholz und Harz duftet, liegt mit der edlen Piekserin richtig. Das hat die Nordmann nicht zu bieten.

Wer allerdings hofft mit der Stech- oder Blau-Fichte einen richtig einheimischen Baum zu erwerben, liegt genauso wenig richtig wie bei der Nordmanntanne. Wenn die Händler – wie hier in Nürnberg – mit regionalem Anbau werben, heißt das zwar, dass die Bäumchen in Weihnachtsbaum-Plantagen in der Nähe herangewachsen sind, aber die Samen für neue Bäume kommen trotzdem immer aus den Herkunftsregionen. Und die liegen in sehr unterschiedlicher Richtung. Während die Samenhändler für die Gewinnung des Nordmanntannen-Nachwuchses in jeder Saison nach Georgien reisen, stehen die Stech-Fichten-Eltern unseres diesjährigen Bäumchens in den US-amerikanischen Rocky Mountains. Colorado blue spruce heißt die Fichte dort im Mittleren Westen.

Stechfichte4
Die Kinder schmücken sonst gerne mit, aber bei unserer fiesen Stechfichte tönte es ständig „Au“, „Ah“ und „Aua“.

Um an die Samen kommen, kann man übrigens nicht warten bis die Zapfen auf die Erde fallen. Bei den Tannen eh nicht, denn Tannenzapfen zerfallen noch am Baum, wobei die beflügelten Samen frei werden und vom Wind verteilt werden. Aber auch bei Fichten würde man fürs Abwarten nur enttäuscht. Zwar fallen Fichtenzapfen irgendwann als Ganzes auf die Erde. Zu dem Zeitpunkt sind sie aber schon leer und ihre Samen ebenfalls in alle Himmelsrichtungen verstreut.

Wer Weihnachtsbaum-Samen ernten will, muss also hoch zu den noch unreifen Zapfen am Baum. In den letzten Jahren war immer mal wieder in der Presse, dass die Ernte im armen Georgien für die Zapfenpflücker gefährlich sein kann. Ein Teil der Männer klettert ungesichert in den Bäumen und man hört von tragischen Stürzen.

Von den USA habe ich in punkto Arbeitssicherheit für Zapfenpflücker bisher nicht Negatives gehört. Was vielleicht daran liegt, dass sie ihre Zapfen eh eher mit Kränen oder sogar mit Hilfe von Hubschraubern ernten. Auf den Ernte-Bildern, die ich im Netz gefunden habe, sieht man jedenfalls nie jemanden klettern.

Hmmh, wenn für die Ernte ihrer Samen niemand sterben muss, spräche das natürlich für unsere Stech-Fichte… Aber ob ich ansonsten mit ihr warm werde? Denn auch ihr Duft versöhnt mich nicht wirklich mit ihrer Stacheligkeit Ich habe gestern daher mit großem Interesse einen neuen Tipp gelesen. Es gibt nämlich einen Weihnachtsbaum, der soll so weich sein wie die Nordmanntanne, kann aber dazu noch mit weihnachtlich harzigem Duft aufwarten: die Korktanne. Für die Weihnachtsbaum-Produzenten sei zudem ihre besondere Frostresistenz attraktiv, heißt es. Sie gilt deshalb als DER aufstrebende Stern am Weihnachtsbaum-Himmel. Mal sehen, vielleicht finden wir nächstes Jahr ein hübsches Kork-Tännchen für uns?

Ähnliche Artikel:

6 Gedanken zu „Oh, Fichtenbaum! Oh, Fichtenbaum …“

  1. Wusste gar nicht, dass die Blaufichte auch aus Samen gezogen werden kann. Hab‘ mal in einer Baumschule gejobt und da wurden die nur veredelt. –> Picea pungens ‚Koster‘ bzw ‚Hoopsii‘
    Die Piekserei war echt lästig. Vor dem Ausbuddeln wurden die Bäume handlich verschnürt und man war in der Folge am Unterarm mit zig kleinen Blutsprengseln übersät.

  2. Oh ja, das kann ich mir gut vorstellen! Wenn einem die Nadelfarbe egal ist, kann man sie wohl recht einfach aus Samen ziehen. Dann sind aber eben einige eher grün, andere bläulicher. Hab jedenfalls gelesen, dass das stark variiert. Weil die blaunadeligen so beliebt sind, wird wohl viel vegetativ vermehrt. Das könnte auch erklären, warum unser Bäumchen so schief ist, oder? Kann das nicht ein Problem sein beim Veredeln? Dass die erst ziemlich asymmetrisch wachsen?

    1. Die Edelreiser kommen ja von den Zweigen/Seitenästen.
      Ich spekuliere mal, dass die sich physiologisch darauf „eingestellt“ haben. Wenn sie dann auf einmal auf Stamm-/gipfelwachstum umfunktioniert werden, könnte es eine Weile dauern, bis sie der neuen Aufgabe buchstäblich
      gewachsen sind.
      Ich hab‘ mal spaßeshalber bei einem Avocadoschössling den Topf immer weiter gekippt und wollte so erreichen, dass der Stamm dadurch einen Kringel bildet. Hat nicht so recht geklappt – er hat sich dann, wieder normal stehend, zu einer einfachen Spirale zurückgebildet. Nur die (neuen) Blätter bzw. die Blattstile wuchsen danach trotz „Normalhaltung“ irgendwie verdreht und deformiert weiter.

    1. Ich mag Kiefern auch. Haben öfter schon Zweige davon gehabt, in ’ner Vase mit bunten Kugeln dran. Als Weihnachtsbaum ja eher untypisch, aber ich könnt‘ mir das durchaus auch vorstellen. Am Stand gab’s eine Riesenkiefer. Die wollte mein Kleiner ursprünglich. Aber die war so groß, die hätte bei uns gar nicht reingepasst!

  3. Hatten letztes Jahr auch erstmals einen Nordmann, allerdings kpl. ohne „Tannenduft“. Beim nächsten Mal wirds wieder stechen, aber auch duften – mhhhhhhh. Kiefer passt mE optisch nicht sooooo. Aber gut, alles Geschmacks- ähh Geruchsache.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert