Wird der Placebo-Effekt stärker?

Der Wired-Artikel über den Placebo-Effekt, auf den ich vor ein paar Tagen stieß, ist schon zwei Jahre alt. Für manche also vielleicht ein alter Hut. Aber ich wusste nicht, dass der Placebo-Effekt für Pharma-Firmen ein zunehmendes Problem darstellt. Immer mehr Medikamente scheitern in klinischen Studien daran, weil sie nicht besser wirken als das Placebo. Die Pharma-Firmen würden deswegen sogar schon untereinander Daten austauschen. Und das sie das tun, zeigt laut Autor Steve Silberman, dass es wirklich schlimm sein muss… 😉

Die Ursachen des Problems sind vielfältig, aber als Hauptgrund nennt Silberman, dass Big Pharma zunehmend Medikamente gegen Krankheiten entwickelt, bei denen der Placebo-Effekt naturgemäß stark ist. Das sind vor allem psychische Krankheiten, die durch Erwartungen, Ängsten und Konditionierung stärker beeinflussbar sind als z.B. Krebs. Aber auch andere Leiden, an denen irgendwie Nerven beteiligt sind – von Parkinson über Schmerz-Zustände bis zum Reizdarm – zeigen bei der Behandlung größere Placebo-Effekte. Überall wo Wahrnehmung und Bewusstsein beteiligt sind, spielt die Psyche auch beim Heilungsprozess eine Rolle. Zuweilen eine so starke, dass der Medikamenten-Effekt statistisch dahinter verschwindet.

Ist doch spannend, diese Wechselwirkungen zwischen Psyche und Körper! Die akademische Plazebo-Forschung versucht ja herauszufinden, wie therapeutische Rituale die Selbstheilungskräfte aktivieren. Was da genau passiert. Sehr interessant. Da gibt’s je ne Menge physiologisch messbare Antworten etwa bei den körpereigenen Opioiden oder im Dopamin-Haushalt.

Im Artikel nicht erwähnt, aber für mich genauso interessant  sind die psychosomatisch beeinflussten Krankheiten als die andere Seite der gleichen Medaille. Es hält sich ja das Vorurteil, dass sich die Leute, bei denen ein Placebo wirkt, entweder die Krankheit nur eingebildet hätten oder umgekehrt ihre Heilung nur eine Täuschung sei. Beides ist Blödsinn! Der Einfluss der Psyche ist sehr real und hat mit Einbildung nichts zu tun, weder auf der Seite der Ursachen noch auf der Seite der Heilung. Lesenswert dazu auch Wikipedia, etwa unter den Stichworten Placebo oder Psychosomatik bzw. somatoforme Störung.

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2 Gedanken zu „Wird der Placebo-Effekt stärker?“

  1. Deswegen habe ich auch meine Meinung zu Homöopathie und ähnlichem für unkritische Leiden revidiert. Ist doch großartig, wenn man Placebos auf den Markt bringen kann und die Leute einfach nicht glauben, dass es Placebos sind (wobei Placebo sogar manchmal wirkt, obwohl man den Leuten eindeutig sagt, dass sie nur Zuckerperlen bekommen). Und das ganze ohne Nebenwirkungen. 🙂

  2. Oh ja, wenn ich nicht jeglicher Esoterik Lebwohl gesagt hätte, wär‘ die Homöopathie auch für mich sicher das Richtige. Ich kriege ja auch den ultimativen Placebo-Kick, wenn ein entspannter, sympathischer und kompetent wirkender Arzt mir ausführlichst und auf hohem Niveau erklärt, was bei mir nicht stimmt und wie sein Mittel das wieder in Ordnung bringt. Gute Nicht-Homöopathen, denen nichts zum Verschreiben einfällt, empfehlen einem zum Zwecke des Selbstheilungsboost übrigens gerne und wortreich bestimmte Vitamin-Kombinationen… 😉

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